Die Zweifel anderer jedoch kann er gut verstehen. 'Wenn man mitbekommen hat,
wie das Projekt entstanden ist, darf man sich ruhig wundern.'
Offiziell will die Fachhochschule mit 'The RelationShip' 'die Erforschung
neuer Wege automatisierter Steuerung und der Fernsteuerung autonomer Systeme'
vorantreiben. Mit den in Furtwangen entwickelten Techniken wird es irgendwann
möglich sein, Segelschiffe so auszurüsten, dass sie ihren Weg
über die Meere von ganz allein finden.
Japanische Tanker können das bereits, mit Segelschiffen aber wurde das
noch nie probiert. Dabei wären gerade sie für einen unbemannten
Güterverkehr interessant: Wer mit dem Wind fährt spart
Energiekosten und schont die Umwelt. Ungeahnte Aufgaben fürs Internet!
Das wirtschaftliche Potential und das mit dem Erfolg des Projekts verbundene
Renommee sind so gross, dass Erwin Teufel, Ministerpräsident
Baden-Württembergs, spontan die Schirmherrschaft übernahm.
Aussenminister Klaus Kinkel sprach von einem 'international wichtigen
Projekt', liess das Forschungsschiff per Bundeswehr-Hubschrauber vom Schwarzwald
an den Rhein transportieren und nahm sich für sein persönliches
Erscheinen zur Präsentation der 'RelationShip' auf der Düsseldorfer
Messe 'boot' im Januar sogar einen ganzen Tag Zeit. Dabei hatten es die
Furtwanger ursprünglich gar nicht auf wissenschaftliche Lorbeeren
abgesehen.
Sie brauchten vor allem Publicity.
Klassischen Studiengängen wie Maschinenbau und Feinwerktechnik gingen
die Studenten aus: 'Für Studienanfänger ist der Standort des
Instituts nämlich oft wichtiger als die Qualität', erklärt
Projektleiter Jürgen Wentworth. 'Und im Vergleich zu Hamburg oder
Berlin haben wir ausserhalb der FH nur wenig Amüsement zu bieten.'
Im März 1997 wurde deshalb der aus 60 Professoren bestehende Senat
einberufen. Thema: Wie wird die FH attraktiver ? 'Und auf dieser Sitzung',
erzählt Iwan, 'stand plötzlich Professor Schmid auf und schlug
vor, einen Renntrimaran zu bauen, der Internet-gesteuert um die Welt fährt.'
Die Profs glaubten, nicht richtig gehört zu haben: Wie das gehen soll,
wo doch niemand in Furtwangen irgend etwas von der Seefahrt verstehe? Eine
Frage, die heute fast lächerlich wirkt.
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Denn Schmid, von den fünf als
eine Art 'charismatischer Phantast' beschrieben, redete und redete - bis
schliesslich auch der letzte der studierten Nichtsegler begeistert war.
'Und als Schmid dann Tatsachen schaffte und den amerikanischen Trimaran-Konstrukteur
Dick Newick mit dem Entwurf eines Bootes beauftragte, da verfielen wir dann
alle in eine Art Bootsbau-Rausch', erzählt Wentworth.
Der Hausmeister sägte die Latten, Profs und Studis leimten, harzten,
hämmerten und knobelten an der Technik. Neun Monate später war
der Trimaran fertig. Ein Gemeinschaftsprojekt, dem die Marketingfachleute
der FH zuerst einmal einen werbewirksamen Unterbau verpassten: Sie nannten
das Schiff 'The RelationShip' - das steht für die Verbindung, die
das Schiff zwischen den Menschen schaffen soll. Denn schliesslich bestehe
die Crew nicht nur aus vier Computern und drei Videokameras, sondern aus
den Millionen von Surfern, die die Fahrt des Schiffes im Internet verfolgen
sollen.
Motto: 'Be part of the challenge!'
Wie gross die Herausforderung wirklich ist, bekommen alle Beteiligten
allerdings erst nach und nach zu spüren. Beispiel Satellitenleitung:
Um das Schiff von der rund um die Uhr besetzten Leitstelle in Furtwangen
aus navigieren zu können, braucht man eine Standleitung ins All.
Kosten pro Stunde: 400 Mark. Rechnerische Kosten für die ganze Reise:
3,5 Millionen Mark. Ein Sponsor hierfür wurde noch nicht gefunden.
Das schreckt die Seefahrt-Pioniere jedoch nicht. Wentworth: 'Wir spekulieren
darauf, dass die Telekom das übernimmt. Schliesslich sind wir
werbewirksam.'
Und wenn die es nicht tut, würden ja genug
Telekommunikationskonzerne nur darauf warten, der Telekom vors Schienbein
zu treten. Da muss dann wieder das Hausmotto ran: Nicht drum kümmern,
Tatsachen schaffen. 'Wenn man erst mal los ist, wir sich schon jemand
finden.'
Zweites Beispiel: das Seerecht. Danach muss jedes in internationalen
Gewässern fahrende Schiff in der Lage sein, anderen, in Seenot
geratenen Schiffen zu helfen. Dass es irgendwann mal unbemannte Schiffe
geben könnte, hatten die Väter des Gesetzes nicht geahnt.
Da greift dann auch das Hausmotto nicht mehr.
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