Denn einfach lozufahren, also
Tatsachen zu schaffen, wäre riskant: Wenn das Schiff in einen Unfall
verwickelt würde, so Projekt-Erfinder Reiner Schmid, käme es zu
einer Seerechtsverhandlung. 'Von den Unfallkosten mal abgesehen, hätten
wir dann eine Seegerichtsverhandlung am Hals, für die keine Versicherung
der Welt bezahlen würde.' Das US-Verkehrsministerium habe bereits
angekündigt, 'The RelationShip' zu beschlagnahmen, wenn sie
US-Gewässer kreuze. 'Ziemlich unsportlich', wie die Männer am
Pier finden. Denn die 'Hyperion', Inter-net-Yacht von
Netscape-Mitbegründer Jim Clark, steht ebenfalls kurz vor dem
Auslaufen. Die Gefahr, von Piraten überfallen zu werden oder mit
Walfischen, treibenden Containern oder Eisbergen zu kollidieren, ist
dagegen kaum erwähnenswert. Im Gegenteil: Ein Piratenüberfall
würde zumindest den Marketingleuten sogar gut ins Konzept passen.
Dann könnte man zumindest sagen, dass die Technik einwandfrei
funktioniert habe.
Probleme mit der an Bord montierten Hochtechnologie erwartet niemand. Die
Software läuft, der Radarrechner, der Videorechner und die beiden
Prozessrechner arbeiten einwandfrei, die drei Kameras liefern gestochen
scharfe Bilder. und auch die umgebaute Mechanik springt sofort an.
Kopfzerbrechen bereitet nur noch das Schwert.
Laut Konstruktionsplan
sollte es ein paar Quardratzentimeter grösser sein, als es
tatsächlich ist: 'Aber wir haben den Platz im Rumpf für zwei
Dieselaggregate gebraucht und das Schwert deshalb entsprechend kleiner
gemacht.' Ob es vergrössert werden muss, ist Ansichtssache. Die
Techniker meinen nein, die Segler behaupten ja.
Zeigen muss sich auch noch, ob die Wasserkühlung für die
Computerschränke funktioniert. Eine einfache Schlauchkonstruktion,
durch die am Rumpf angesaugtes Meerwasser fliesst: 'Aber die ist mit das
Wichtigste an Bord', erklärt Programmierer Armin Schröer(36).
Denn wenn die Innentemperatur auf mehr als 50 Grad ansteigt, überhitzen
die Geräte. 'Und wenn das passiert, dann läft gar nichts mehr.
Ein Rechnerausfall würde das Projekt beenden.' Die fünf
Laborleiter schreckt dieser Gedanke nicht: 'Dann tauschen wir den Ural
eben gegen ein Werkstattboot und dampfen wieder los!' :-)
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Weitere Information:
Das Innere: Platz ist nur für Technik
Bei zwei der insgesamt neun Etappen um die Welt muss 'The RelationShip' aus
Sicherheitsgründen bemannt gesegelt werden: auf der 5269 Meilen langen
Strecke zwischen Auckland und Punta Arenas und auf dem 730 Meilen langen
Törn von Irland nach Wilhelmshaven. Kein Spass für die zwei dann an
Bord lebenden Segler, denn für Menschen ist auf dem High-Tech-Segler
kaum Platz. Vor dem Ruder gibt es den einen Quadratmeter grossen
abgegitterten Stehplatz, unter Deck muss eine zwei Meter lange und rund ein
Meter breite Röhre als Schutzplatz genügen.
Der für die Rechner
und Mechanik benötigte Strom wird zu einem geringen Teil von
Sonnenkollektoren erzeugt, Hauptantriebsquelle sind zwei im Rumpf eingebaute
Dieselaggregate. Problem: Der Tank fasst nur 400 Liter Diesel. Wenn das
Schiff häufige Kurswechsel durchführen muss, kann es daher zu
Versorgungsschwierigkeiten kommen. Der 14 Meter hohe, 84 Kilogramm schwere
Kohlefasermast der 'RelationShip' kann um 360 Grad gedreht werden - eine auf
der Welt bisher einzigartige Spezialkonstruktion.
Der Leitstand im Schwarzwald
Wassertemperatur, Windstärke, Wellenhöhe, Segelstellung,
Geschwindigkeit, Radarbilder, Position - alle für das Segeln des
Schiffes relevanten Daten werden von den an Bord eingebauten
Rechnern und Sensoren via Satellit an den Leitstand in Furtwangen
weitergegeben. Alle zehn Sekunden werden neue Werte genommen,
alle drei Minuten neue Bilder geschickt, die automatisch auch im
Internet aktualisiert werden. Fährt ein Schiff vorbei, können
die 'Kapitäne' im Schwarzwald den Kurs per Mausklick oder
Joystick ändern. Passt die Leitzentrale nicht auf, übernimmt
der Radarrechner das Kommando. Er erkennt das Hindernis und weist den
Prozessrechner an, die nötigen Kurskorrekturen vorzunehmen.
Einzige Schwachstelle: Eisschollen, knapp unter der Wasseroberfläche
schlafende Walfische und über Bord gegangene Container kann der
Radar nicht erkennen. In solchen Fällen muss Furtwangen die
Navigation via Kamera übernehmen.
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