Die Installation einer elektronischen Windfahne macht
aus den High-Tech-Seglern dann endgültig fliegende
Holländer": Ändert der Wind seine Richtung, füttern
Impulse der Windfahne das Steuergerät. Wie von
Geisterhand gesteuert, paßt die Jacht ihren Kurs
automatisch dem Wind an. Knopfdruck-Segler" nenne wettergegerbte Skipper
verächtlich die technikversessenen Sportsfreunde. Per
Fingertipp stellen sie die Segel nach Belieben ein; wo
sonst schweißtreibende Kurbelei nötig war, setzen
heute elektrische oder elektrohydraulische Winschen
mit leisem Surren mühelos Segel oder holen Schoten
dicht.
Wir haben in den letzten fünf Jahren den Umsatz
vervierfacht", frohlockt Eddy Erich, Geschäftsführer
der Münchner Firma Frisch, die amerikanische
Elektrowinschen importiert. Stückpreis: knapp 10 000
Mark. Mindestens zwei dieser Aggregate müssen an
Bord installiert sein.
Moderne Zeiten: eine Möglichst große Jacht gilt heute
erst als Statussymbol, wenn sie mit möglichst kleiner
Crew zu fahren ist. Der renommierte norddeutsche
Rigg-Lieferant Reckmann freut sich über Kunden, die
ihr werftneues 17-Meter-Schiff für 80 000 Mark auf
Hydraulik umrührten lassen.
Fast führt der Trend zum Segeln unter Strom die
sportliche Grundidee ins Absude. Zwar gleitet der
Bootskörper mit Windenergie mühelos dahin - doch
die installierte Elektrik benötigt viel Energie: Mit
zunehmender Ausrüstung gerät das Bordstromnetz
schnell an seine Grenzen.
Deshalb verkaufen Spezialausrüster wartungsfreie
Batterien und Stromerzeuger für Segeljachten mit
zweistelligen Zuwachsraten - ebenso wie
Solaranlagen, Generatoren und Windgeneratoren.
Skipper bestücken ihr schwimmendes Heim mit diesen
Energieerzeugern, wenn sie auf Langtörns mehrere
Tage keinen Hafen Anlaufen können, um die Batterien
aufzuladen.
Das völlig autarke Schiff rückt somit in greifbare
Nähe. Im nächsten Jahr schon wollen Wissenschaftler
der Fachhochschule Furtwangen
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| | ihren Trimaran zur autonomen Weltumrundung starten
lassen. Der Computer steuert Ruderanlage und Segel.
Drei Rechner an Bord ersetzen auf hoher See die
Crew.Schwenkbare Videokameras an Deck lassen
Hunderttausende via Internet mitsegeln
(www.fh-furtwangen.de). So öffnet sich der einst
elitäre Sport zum günstigen Volksspektakel für
Computer-Kids. Schon eichen die PC-Hersteller ihre Geräte auf die
maritime Kundschaft. Wasserdichte Laptops fanden
sich zuerst in der Regatta-Szene. Ausgeklügelte
Taktik- und Navigationsprogramme rechnen dem
Schiffsführer anhand der Datenflut vor, welcher Kurs
ihn auf die Gewinnerstraße bringt - ähnlich der
Formel_1, wo kein Sieg ohne Telemetrie mehr möglich
scheint.
Die Kehrseite der schönen neuen Welt: Zuviel
Elektronik-Hörigkeit kann schnell ins Desaster führen.
Das erlebte der Lübecker Marcus Reumann, als er im
Frühjahr von England aus bei strammen sieben
Beaufort durch die Nordsee pflügte. Kurz vor der Insel
Terschelling fiel sein Kartenplotter aus.
Reumann, der auch schon an der Rallye Paris-Dakar
teilgenommen hat, zog kurzerhand den Shell-Atlas aus
der Bord-Bibliothek und sprach zu seiner Crew. Wir
sind quer durch die Wüste gefahren, also werden wir
auch mit der Autokarte von Terschelling nach
Brunsbüttel schwimmen."
Doch Reumann und seine Mannschaft kamen nicht
weit. Nach wenigen Seemeilen setzte er seine Jacht
unsanft auf Grund.
Für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung
Schiffbrüchiger (DGzRS) sind solche Zwischenfälle
nicht ungewöhnlich. Denn gerade die technisch
hochgerüsteten Jachten werden immer öfter von
Skippern geführt, die mit der klassischen Navigation
auf Kriegsfuß stehen. Im Streß des Seenotfalls, so
Bernd Anders von der DGzRS, werden
Positionsdaten falsch abgelesen, oder die Besatzung
kann mit den Geräten nicht umgehen."
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