Wohin geht die Reise, die am 7.Januar 1998 mit einem Flug von den Schwarzwaldhöhen zum Rhein
bei Breisach am Haken eines Lasthubschraubers der Bundeswehr so spektakulär begann ? Am
13.Juni 1998 sollte der in der FH Furtwangen gebaute Trimaran nach seinen Stationen auf der
„boot" in Düsseldorf und der Ausbauphase in der Neuen Jade-Werft Wilhelmshaven zu
seinem noch bemannten Testtörn nach Lissabon zur EXPO’98 starten. Der zum Start organisierte
PR-Event unter musikalischer Beteiligung unserer FHF-Bigband war ein gelungenes Medienereignis,
das u.a. von der EXPO2000, einer unserer Sponsoren, tatkräftig unterstützt wurde.
Aber unter großer Aufregung der Medien kam der Trimaran am nächsten
Tag zurück in die Werft in Wilhelmshaven – er war eben doch nicht fertig geworden. So gab es
denn in der Medienarbeit Porzellan zu kitten, während sich unsere Ingenieure und Techniker
daran machten, die technischen Mängel binnen der nächsten vierzehn Tage zu beheben.
Am 30.Juni 1998 war es endgültig soweit: Erneuter Start zum bemannten
Testtörn nach Lissabon. Die RelationShip Web Site http://www.relationship.fh-furtwangen.de
enthält unter der Rubrik „Ship News" Ausschnitte aus dem Bordtagebuch.
Anfang August startet die Operation „Golf von Biskaya" bei bis zu 7 Windstärken und
25 Knoten Fahrt. Aufgrund eines um ca. 40o verbogenen Ruderschaftes mußte der
Törn nach Bayona in La Coruña/Spanien unplanmäßig unterbrochen werden.
(Später stellte sich aufgrund der Materialspuren und des elektronischen Protokolls heraus,
daß der Trimaran über Treibgut bzw. eine Fangnetztrosse gefahren sein muß).
Wegen des Ruderschadens mußte der Trimaran von einem Lifeboot in den Hafen von La
Coruña geschleppt werden.
Während des bemannten Testtörns wurden zahlreiche Mängel und
Verbesserungsmöglichkeiten festgestellt. Die ursprünglich für Bayona an der
spanischen Westküste geplanten Wartungs- und Änderungsarbeiten wurden aufgrund der
neuen Situation umdisponiert.
Am 21.08.98 erreichte die Ingenieur- und Techniker-Crew der FHF die Marina von La Coruña.
Das 5-Mann-Team wurde wenig später ergänzt um unseren Mitsponsor und WI-Absolventen Volker
Möhlmann, der für die Onboard-Software zuständig ist. Von jetzt an stand der Trimaran
und seine Techniker-Crew samt mobiler Werft im Interesse der seefahrtbegeisterten Spanier. Viele
Interviews und Fernsehsendungen in Spanien führten bald dazu, daß dieses Projekt in
Spanien bekannter als in Deutschland wurde. Eine sehr gute Reportage mit eindrucksvollen Fotos aus
La Coruña findet sich unter dem Titel „Captain Computer" in der Zeitschrift ONLINE TODAY
Nr.10/98.
Unsere Ingenieur- und Techniker-Crew machte sich sofort daran, eine umfangreiche technische
Änderungsspezifikation abzuarbeiten, u.a.
- Einbau der neuen Ruderanlage mit neuem Ruder, Ruderlager und Einbau einer neuen autonomen
Rudersteuerung
- Einbau einer neuen manuellen Steuerung mit galvanischer Trennung zum Rechner und
zusätzlicher Sicherheitsfunktion
- Einbau einer neuen Satellitenempfangsanlagen-Abdeckung
- Auf- und Einbau einer automatischen Ölzufuhr für den Generatormotor
- Einbau einer neuen Kupplung und überarbeiten der Bergeleinenwinde
- Einbau eines automatischen, über den Rechner gesteuerten Generatorstarters als
zusätzliche Sicherheit bei der Systemstromversorgung
- Einbau einer Masttopsensorik und Montage des Kennzeichens für
Manövrierbehinderung
- Ausbesserungsarbeiten am Bootskörper und Segelreparatur.
Anschließend wurde der Trimaran von La Coruña nach Bayona an der Westküste
Spaniens verlegt, wo er nun seit dem 28.10.98 auf den Start zur ersten unbemannten Etappe nach
den Kanarischen Inseln wartet.
Durch den Bekanntheitsgrad des „RelationShip" wurde auch das Bundesministerium für
Verkehr, Abt. Seeschiffahrt (BMV) auf das Projekt aufmerksam und brachte die Seerechtsproblematik
erneut auf den Tisch. Die von uns ursprünglich im Rahmen des Forschungsvorhabens ins Auge
gefaßte Kennzeichnung als „manövrierbehindertes Fahrzeug" reicht nach geltendem
Recht nicht aus, um erstmalig ein Boot unbemannt nur über Satellitenfunk zu kontrollieren
und fernzusteuern. Mit dem BMV Bonn, dem Bundesoberseeamt Hamburg sowie dem Institut für
Seerecht und Seehandelsrecht an der Uni Hamburg wurden Gespräche über
Lösungsmöglichkeiten des Seerechts- und Haftungsproblems geführt.
Letztlich mußte von uns als Lösungsmöglichkeit die Begleitung des Trimarans
durch ein bemanntes Boot akzeptiert werden, dessen Besatzung im Notfall per Funk in die
Fernsteuerung des Trimarans eingreifen kann, wenn die Kommunikation mit der Leitstelle
Furtwangen oder die Onboard-Computer z.B. wegen Ausfalls beider Dieselgeneratoren
gestört ist.
Diese Variante wird zumindest für die erste unbemannte Etappe von Bayona nach La Palma
auf den Kanarischen Inseln jetzt weiterverfolgt. Diese Etappe soll im April 1999 unbemannt,
begleitet von einer Yacht im Abstand von ca. 2 Seemeilen gesegelt werden, um uns gegenüber
und auch gegenüber der Öffentlichkeit den Beweis anzutreten, daß unser Konzept
technisch realisierbar ist.
Aufgrund der in den Sommermonaten auf dem Atlantik vorherrschenden Wind- und
Wetterverhältnisse könnte die Reise von den Kanarischen Inseln nach Kapstadt
frühestens im Spätsommer 1999 fortgesetzt werden. Auf diese Weise bliebe nach
erfolgreicher erster unbemannter Etappe genügend Zeit, um für unser
Forschungsvorhaben eine Ausnahmegenehmigung für die unbemannte Fortsetzung der Route
ohne Begleitschiff zu erwirken und neue Sponsorengelder zu akquirieren.
Welches sind die nächsten geplanten Schritte ?
- Semesterferien Februar/März 99: Einbau der technischen Änderungen, um notfalls
ein Eingreifen der Besatzung der Begleityacht mittels zusätzlicher Kommunikationseinrichtung
in die Steuerung des Trimarans zu ermöglichen.
- März 99: Testfahrten von Trimaran und Begleityacht vor Bayona zwecks Nachweis der
Funktionsfähigkeit der Steuerung und der Möglichkeit des jederzeitigen Stoppens des
Fahrzeuges entsprechend Regel 6 der Seestraßenordnung (Für Nicht-Seeleute: Inhalt
vergleichbar dem § 1 der Straßenverkehrsordnung).
- April 99: Nach erfolgreichen Testfahrten und dem Einverständnis des BMV zu unserer
Maßnahmen erfolgt der Start zur ersten unbemannten Etappe nach La Palma/Kanarische
Inseln.
Trotz der nicht zu überhörenden skeptischen Stimmen sind wir überzeugt,
daß unser Konzept technisch realisierbar ist und daß auch unsere bislang noch
nicht erfüllten Ziele erreicht werden können (siehe Menüpunkt „Ziele"
unter „Projekt" auf dieser Web Site). Es wäre aber nicht das erste Mal, daß
einem Forscher und Innovator beim bürokratischen Hürdenlauf der Atem ausgeht. Um
das zu verhindern: Lassen Sie uns deshalb gemeinsam für den langen Atem trainieren!
Be part of the challenge!
Furtwangen, den 07.01.99
(genau ein Jahr nach dem Hubschraubertransport)
Prof. Rolf M. Katzsch