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Editorial

Prof. J. Anton Illik
 

Der Status Quo


Am 30. Juli 1998, nach ausgiebigen Tests und nicht immer handigem Wetter, kämpften sich verschiedene Crews gegen den vorherrschenden Westwind durch den englischen Kanal. Im August überquerten wir den Golf von Biskaya. Stundenlang lief die RelationShip bei bis zu 7 Windstärken unter Selbststeuerung 15 Knoten, als in der dritten Nacht der Überfahrt eine treibende Trosse das Ruder beschädigte. Das zwang uns La Coruna/Spanien anzulaufen.

Während des bemannten Testtörns wurden zahlreiche Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert, die dann im August/September 1998 von einer Ingenieur- und Techniker-Crew der FHF im Hafen von La Coruna ausgeführt wurden. Dieser ursprünglich nicht vorgesehene Stopp führte zu Kontakten zu offiziellen Stellen und dem spanischen Fernsehen, das begeistert, wie vorher schon ein holländischer und französischer Sender, über das Projekt berichtete. Anschliessend wurde der Trimaran von La Coruna nach Bayona an der Westküste Spaniens, einem wegen seiner geographischen Lage ausgezeichneten Starthafen, verlegt, wo er ab dem 28. Oktober 1998 überwinterte und auf den Start zur ersten unbemannten Etappe zu den Kanarischen Inseln wartete.

Durch den Bekanntheitsgrad der RelationShip wurde auch das Bundesministerium für Verkehr, Abt. Seeschifffahrt (BMV), auf das Projekt aufmerksam und brachte die Seerechtsproblematik erneut auf den Tisch. Die von uns ins Auge gefasste Kennzeichnung als "manövrierbehindertes Fahrzeug" reicht nach geltendem Recht nicht aus, um erstmalig ein Boot unbemannt nur über Satellitenfunk zu kontrollieren und fernzusteuern. Mit dem BMV Bonn, dem Bundesoberseeamt Hamburg, sowie dem Institut für Seerecht und Seehandelsrecht an der Uni Hamburg, wurden Gespräche über Lösungsmöglichkeiten des Seerechts- und Haftungsproblems geführt. Eine Lösung wurde darin gefunden, dass eine Begleityacht im Radarabstand von zwei Seemeilen der RelationShip folgt, deren Besatzung im Notfall per Funk in die Fernsteuerung des Trimarans eingreifen kann, wenn die Kommunikation mit der Leitstelle Furtwangen oder die Onboard-Computer z.B. wegen eines Stromausfalls gestört sind.

Als Begleitschiff wurde die Moby Dick ausgesucht. Vorhandene Ausrüstung und eine Reisegeschwindigkeit von acht bis zwölf Knoten machten den Kat (15m Länge, 7,5m Breite, Tiefgang 0,75m, Verdrängung 9 t und 90 qm Segel am Wind) für die Begleitung der Relationship tauglich.

Ab Pfingstsonntag, dem 24. Mai 1999, wartete Mikael Bahner mit seiner Moby Dick auf Wetterbedingungen, die ein Ablegen des Katamarans zulassen würden. Anhaltender Wind um die 8 - 9 Bft. machten es jedoch unmöglich Ballina auf Irland zu verlassen. Für den Törn zur RelationShip nach Bayona rechnete Bahner ca. 5 bis 6 Tage. Für mehrere Tage verhinderten jedoch ungünstige Winde aus West-Südwest den Start dieses Trips. Am 27. Mai 1999, gegen Mittag, verließ die Moby Dick ihren Heimathafen in Richtung Bayona. Am Donnerstag, den 04. Juni 1999 war dann das Begleitschiff der RelationShip in Bayona eingetroffen.

Die Ingenieur-Crew um Jürgen Wentworth-Paul nahm nun die noch notwendigen technischen Modifikationen an der Moby Dick vor. Insbesondere musste auf dem Begleitschiff die Funktechnik für die direkte Verbindung zur RelationShip eingebaut werden, sowie die Kommunikationsanlagen für den Kontakt zwischen Begleitschiff und dem Leitstand in Furtwangen. Über die Funkverbindung kann im Notfall in das Steuerungssystem der unbemannten RelationShip eingegriffen werden. Nach den Einbauten in die Moby Dick wurden gemeinsame Probeschläge mit der RelationShip auf einem 10sm-Dreieckskurs vor Bayona durchgeführt. Diese Tests fanden Mitte bis Ende Juni 1999 statt.

Zur Crew auf dem Begleitschiff gehörten der Skipper der Moby Dick Mikael Bahner, Volker Möhlmann (Chefentwickler der autonomen Steuerung der RelationShip), Martin Fink (Spezialist für die Bordsoftware der RelationShip) und Jürgen Kubisch (Chefkonstrukteur im RelationShip-Team). Am Samstag, den 26. Juni 1999, traf das fünfte Crew-Mitglied für das Begleitschiff der RelationShip in Bayona ein. Rolf Scheel, Segler aus Soest, springt für ein, durch Armbruch ausgefallenes Teammitglied, ein. Seit dem 28. Juni 1999 ist ein französisches Fernsehteam anwesend und will das Auslaufen der RelationShip und der Moby Dick auf Zelluloid bannen.

Am 29. Juni 1999 um 19:15 Uhr (MEZ) ist es endlich soweit: der Furtwanger Trimaran RelationShip hat mit seinem Begleitschiff den Hafen von Bayona in Richtung Westen verlassen, um uns und der Öffentlichkeit gegenüber den Beweis anzutreten, dass unser Konzept durchführbar ist. Volker Möhlmann führte die RelationShip zunächst 20 sm auf das offene Gewässer hinaus und stieg dann auf das Begleitschiff um. Auf der ersten unbemannten Etappe nach Santa Cruz de La Palma waren dem Trimaran 60 Wegepunkte vorgegeben. Zwischen den Wegepunkten lag jeweils eine Distanz von ca. 60 sm. Die RelationShip manövrierte selbständig von Wegepunkt zu Wegepunkt in einem 30 sm breiten Korridor.

Am Donnerstagmorgen, den 08. 07. 99, verursachte der spontane Ausfall eines elektrischen Bauteils, es ist der für die Backbordseite zuständige Schaltschütz in der elektrischen Ruderanlage, ein Umdisponieren: wegen der vor gegebenem Hintergrund logistisch günstigeren Lage der Insel Madeira wurde der erste Zwischenstopp von Santa Cruz de La Palma nach Porto Santo auf Madeira verlegt.

Im Morgengrauen des 09. Juli hatten die RelationShip und die Moby Dick Porto Santo erreicht. Hier wurde neben dem Austauschen des Schaltschütz auch eine "kleine Inspektion" vorgenommen. Dabei wurden die Dieselfilter der Generatoren (Fischer Panda) getauscht, die Positionslampen ausgewechselt und die Austrittszone des Auspuffs der Generatoren verstärkt. Am 19. Juli 1999, um 16:30 Uhr (UTC) haben die RelationShip und ihr Begleitschiff Porto Santo mit dem Ziel Santa Cruz de La Palma verlassen. Wetter war gut. Der Wind sehr schwach (2 bft), so dass mit einer voraussichtlichen Reisezeit von 3 bis 5 Tagen gerechnet wurde. Mittags, um 11:30 Uhr des 22. Juli 1999 wurde das zweite Etappenziel des unbemannten Trimarans RelationShip, Santa Cruz de La Palma, auf den Kanarischen Inseln, erreicht!

Im August wurde eine "große Inspektion" der Relationship durch die Ingenieur-Crew um Jürgen Wentworth-Paul in Santa Cruz de La Palma vorgenommen. Wertvolle Unterstützung erfuhren die Furtwanger Ingenieure durch den in La Palma ansässigen Segler Günter Ullrich. Parallel dazu wurden zuhause die Rekrutierung der weiteren Begleitmannschaften, die Auswertung der Daten und die Anwerbung weiterer Sponsoren fortgesetzt.

Da das Projekt ausschließlich über Sponsorengelder finanziert wird, kann die unbemannte Reise des Trimarans erst fortgesetzt werden, wenn die Finanzierung der nächsten Etappe gesichert ist. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer! Was uns fehlt ist ein potenter Sponsor, der die Chancen und Möglichkeiten des technischen Erkenntnispotenzials, das in diesem weltweit einmaligen Projekt zweifellos vorhanden ist, erkennt und entsprechend finanziert. Abgesehen davon ist der "Return on Investment" für einen Grosssponsor mehrdimensional: neben dem technischen Aspekt und dem Erkenntnissgewinn - was den Sponsor möglicherweise alles garnicht interessiert - wären da vor allem noch die Marketing-Dimension und der gesellschaftspolitische Aspekt. Nachdem der Beweis für die Funktionstüchtigkeit des Konzepts erbracht wurde (siehe oben), ist das Risiko für den Grosssponsor minimal, um ein Vielfaches grösser ist die Chance, mit der Einmaligkeit des Projekts ansonsten nicht erzielbare Erfolge im Bereich Public Relations zu erzielen. Die grösste Signalwirkung läge nach unserem Dafürhalten im gesellschaftspolitischen Bereich. Etwas "unternehmen" soll sich lohnen, eine Aufbruchstimmung für den Standort Deutschland zu erzeugen ist in jeder Hinsicht erwünscht. Der ehemalige Bundesaussenminister Dr. Klaus Kinkel würdigte das Projekt als "ein Musterbeispiel deutscher Innovations- und Wagniskultur". Den Trimaran RelationShip bezeichnete er als einen "Botschafter des Zukunftsstandorts Deutschland". So haben dies auch hunderte von Studenten, zahlreiche Kollegen und Mitarbeiter der Fachhochschule Furtwangen über mehrere Semester gesehen und verstanden und sich in zahllosen Stunden mit kniffligen Themen auseinandergesetzt und in hohem Masse engagiert. Dies umzumünzen in die Botschaft, dass sich Leistung, Phantasie, Engagement, Wagemut und Innovation lohnen, könnte das lohnenswerte Ziel eines Grosssponsors sein, das sich über die sehr interessierten Medien auch einem breiten Publikum in Deutschland und Europa – wenn nicht sogar weltweit – sicherlich plastisch kommunizieren läßt.

Furtwangen, den 20.03.2000

Prof. J. Anton Illik
 

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Letzte Änderung: 08.06.2009 © RelationShip-WWW-Gruppe (Prof. Illik)