Die Online-Yacht: Sie fährt um die Welt,
ohne Besatzung, ferngelenkt aus dem Schwarzwald.
Eine Sensation - wenn's klappt.
Text: Philip Alsen
'Verdammt, der Abstand ist noch 'nen Millimeter zu gross! Da muss
mindestens noch eine Lage Glasfaster rein!' Rolf Aberle(39) hat die
Nase buchstäblich gestrichen voll. Seit fast einer Stunde schleift
er nun schon am neuen Abweiser der 'RelationShip' herum, der das Ruder
vor Treibgut schützen soll. Aberles Haare, Gesicht und T-Shirt
sind mit Schleifstaub bedeckt, die Nase kitzelt, und weil er keine
Schutzbrille trägt, blinzelt er jetzt mehr, als dass er sieht.
'Mist! Wieso haben sie das Ding nicht schon in Furtwangen eingebaut?"
Schleifen gehört nicht gerade zu den Lieblingsbeschäftigungen
des Mannes. Eigentlich ist er Laborleiter an der Fachhochschule Furtwangen.
Spezialgebiet Feinwerktechnik. Da schleifen computergesteuerte
Präzisionswerkzeuge. Und statt hier selbst zum Schleifblock zu greifen,
müsste er sich jetzt auf das neue Semester vorbereiten. Geht aber
nicht: 'Erst wollen wir dieses Schiff hier wieder auf Vordermann bringen!'
'Wir', das sind Aberle und seine vier Freunde und Kollegen, mit denen er hier
gemeinsam an der Pier des nordspanischen Yachthafens von La Coruna werkelt.
Allesamt sind sie Laborleiter an der Fachhochschule und nautisch eher
unbedarft. 'Als Schwarzwäldern liegt uns das Wasser nicht so ganz.'
Trotzdem haben sie alle Chancen, in die Geschichte der Seefahrt einzugehen.
Denn sie helfen mit, ein anfangs von aller Welt belächeltes Projekt
zu verwirklichen: Das Schiff, das sie 'auf Vordermann' bringen, soll
unbemannt um die Welt segeln. Ferngesteuert über Satellit, beobachtet
via Internet: 'Das ist in erster Linie ein technisches Problem. Segeln
können müssen wir dafür nicht.'
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Wind, Wetter und Meer sind in ihrem Verhalten schliesslich messbar. 'Und
wenn man etwas messen kann, kann man es auch einem Computer einprogrammieren,
der dann alle Manöver durchführt, die auch ein Segler machen
würde.'
Andere sehen das nicht so: 'Gott, was mussten wir uns alles
anhören. Auf der Bootsausstellung in Düsseldorf und später
nach der Überführung in Wilhelmshaven standen ständig
irgendwelche Segler und selbsternannte Experten um uns herum, um uns zu
erzählen, dass das Schiff unmöglich über Helgoland
hinauskommt.'
Der Leiter der Jadewerft wollte sogar wetten, dass 'The RelationShip'
noch vor dem Jadebusen stranden würde. Denkste! eine leichte Havarie
gab's zwar, aber erst in Spanien. Der Skeptiker kriegt jetzt 'ne Karte:
'Schöne Grüsse aus La Coruna!'
Allzuviel Musse, den Spöttern eine lange Nase zu drehen, haben die
fünf allerdings nicht. Die Zeit drängt. La Coruna ist nur ein
unfreiwilliger Stop auf der Strecke nach Lissabon, wo 'The RelationShip'
schon Anfang September erwartet wurde.
'Das ist die schwierigste Route, die es gibt', erklärt Volker
Möhlmann. Der selbstständige Ingenieur aus Furtwangen, selbst
passionierter Segler, ist einer der Sponsoren des Projektes. Er hat die
Navigations-Software geschrieben und soll das Schiff nach Lissabon
segeln:
'Wenn wir bis Dezember in Afrika sind, erwarten wir
überall auf der Strecke Hochsommer.
Dann schaffen wir es!'
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