RelationShip

Südwestpresse 15. Juni 1998: Seite: 1 / 2

Fachhochschule / "RelationShip" zur ersten unbemannten Weltumsegelung aufgebrochen

Ein Geisterschiff auf der Suche nach Freunden

Schwarzwälder revolutionieren die christliche Seefahrt / Image-Politur für die FH / Reißen sich Piraten den Trimaran unter den Nagel ?

Schwarzwälder Wissenschaftler schicken sich an, die christliche Seefahrt zu revolutionieren. Am vergangenen Wochenende stach Ihr "RelationShip", der Robot-Trimaran der Fachhochschule Furtwangen, in See. Die erste unbemannte Weltumsegelung hat begonnen.

Von Ralf Trautwein

Schwenningen / Furtwangen / Wilhelmshaven. Zwei Jahre lang soll das dreirumpfige Auslegerboot über die Weltmeere dümpeln und dabei über 50.000 Kilometer zurücklegen. Ohne Kapitän und ohne Matrosen. Die Automatik setzt die Segel und schwenkt den Mast, 300 Kilogramm Elektronik, darunter drei Rechner und drei Videokameras, sind an Bord. Unter zwei Abdeckhauben am Heck des Schiffs wurden die Empfangsschlüsseln des Satellitenortungssystems installiert.

Schaulustige können via Internet mitsegeln, denn der Trimaran sendet über eine sogenannte "Webcam" ununterbrochen aktuelle Bilder. Nicht zuletzt deshalb hat das ehrgeizige Projekt in den letzten Wochen und Monaten das Interesse in der Öffentlichkeit erregt wie kaum ein anderes wissenschaftliches Experiment sonst. Klar, daß Prorektor Professor Werner Ruoss, bei der Fachhochschule der zuständige Mann für die Öffentlichkeitsarbeit, übers ganze Gesicht strahlt: Das Geisterschiff draußen auf den Weltmeeren macht die Furtwanger Ingenieursschmiede rund um den Globus bekannt.

___

Auch der deutsche Blätterwald rauscht kräftig. In Zeiten, wo Schulgänger wieder einmal alles andere als Ingenieur werden wollen und sich die technischen Disziplinen daher über jeden zusätzlichen Studienanfänger freuen, kommen diese Trommelschläge gerade recht. So machte unter anderem der renommierte "Spiegel" die "Cyber-Arche" als "fliegenden Schwarzwälder" Republikweit bekannt. Auch der "Bodewälder"; das Furtwanger Narrenblättle, freute sich über das "Beziehungsboot" (RelationShip zu deutsch: Beziehung). "Windjammer statt Katzenjammer" frohlockten die knitzen Fastnachter. Wenngleich es sie doch sehr erstaunt hat, daß ein Boot zunächst einmal in die Luft geht, bevor es Wasser unter den Bug bekommt. Denn genauso war's ja beim "RelationShip", das von einem Bundeswehrhubschrauber zum Stapellauf geflogen wurde.

Die spektakuläre Aktion sorgte für großes Aufsehen. Ministerpräsident Teufel, der Schirmherr, bescheinigte den Furtwangern zufrieden: "solche Projekte bringen unser Land voran". Zumal das Schiff nicht etwa mit Landesgeldern, sondern ausschließlich mit Sponsorenmitteln finanziert wurde. Das Lob hat sich natürlich in erster Linie der Vater des "RelationShip", Professor Dr. Reiner Schmid,

zur 2. Seite

Letzte Änderung: