RelationShip

Schwarzwälder Bote 17.10 1998
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FH-Schiff ließ sich nicht mehr steuern

Furtwangen (wt). Aus dem Ruder läuft derzeit die Einhaltung des Zeitplans der RelationShip. Noch immer liegt der Hochseetrimaran aus dem Schwarzwald bei La Coruna in der spanischen Provinz Galicia. Bedingt durch einen inzwischen behobenen Ruderschaden wurde das Schiff Anfang August in den dortigen Hafen geschleppt. 'Kapitän' an Bord war der Projekterfinder Reiner Schmid - wir sprachen mit dem FH-Professor.

Auffällig gelassen berichten die RelationShip-Seefahrer Furtwangen über ihre Abenteuer mit dem Eigenbau-Trimaran auf hoher See. Insbesondere die Pannen scheinen kaum jemanden aus dem Konzept zu bringen.


Mitten in der Nacht Kursabweichungen festgestellt

Hatte beispielsweise vor Monaten Professor Kubisch mit grosser seemännischer Abgeklärtheit von Steuerungsproblemen auf dem offenen Meer berichtet, so klang auch vor ein paar Tagen Professor Reiner Schmid gegenüber dem Schwarzwälder Bote recht gelassen. Seine Fahrt mit dem Trimaran führte im August von L'Aber Vrac'h in Frankreich ins südspanische La Coruna. Eigentlich sollte Bayona (südlich von Vigo) angesteuert werden, doch dann kam es anders:

Mitten in der Nacht bei starkem Wind und einer Geschwindigkeit von 15 bis 16 Knoten (etwa 28 km/h) bemerkte die Crew aus Reiner Schmid und Florian Sellmeier 35 Seemeilen (rund 60 Kilometer) vom Land entfernt Kursabweichungen der RelationShip.

Das dreieinhalb Tonnen schwere Schiff steuerte von sich aus nicht mehr richtig und ließ sich auch nicht elektronisch fremdsteuern. Das zu diesem Zeitpunkt voll ausgefahrene Segel machte das Problem bei kräftigen Wind nicht gegrade kleiner.

'Also blieb nichts anderes übrig, als das Segel einzuholen und den Hilfsmotor anzuwerfen', so Schmid. Allerdings tauchte hierbei ein neues Problem auf - der Motor ließ sich nicht anwerfen. 'Wir haben den Motor zwar möglichst wasserdicht eingepackt, aber es kam halt doch Meerwasser rein.'

Nur mit dem flachen, drehbaren Masten des Trimarans, dem sogenannten Flügelmasten, manövrierten die beiden Segler mit dem entsprechenden Winddruck das Schiff in der Nacht weiter. Schließlich entschloß man sich jedoch, einen Schlepper per UKW anzufordern. 'Gefährlich? Nein, gefährlich waren die Pannen nicht', so Reiner Schmid. 'Man muss halt überlegen, was man als nächstes tun muss. Angst hatten wir keine.'

Am Haken eines Marinebootes fuhr der Furtwanger Trimaran gegen Mittag in den Hafen von La Coruna, einer spanischen Stadt in der Provinz Galicia ein. Es zeigte sich ein kräftiger Ruderschaden - das Ruder war in der Mitte durchtrennt.

___ 'Vermutlich fuhren wir mit dem Schiff über ein Stahlseil, das kann es schon mal geben', so Schmid. Derartige Stahlseile können beispielsweise auf dem Meer zwischen Bojen gespannt sein.

Der schwere Schaden am Trimaran ließ sich nur mit gröerem Aufwand reparieren. Mit einer 'mobilen Werft', einem umgebauten Werkstattwagen der ehemaligen Nationalen Volksarmee der DDR fuhren FH-Mitarbeiter um Jürgen Wentworth-Paul in der zweiten Augusthälfte kurzerhand nach La Coruna.


Eine Crew für die Überführung nach Lissabon wird noch gesucht.

Inzwischen ist der Schaden behoben und der Trimaran ist wieder einsatzbereit. Auch der Werkstattwagen ist wieder in Furtwangen. 'Was noch fehlt, ist eine Crew, welche 'The RelationShip' nach Lissabon überführt', so Reiner Schmid. Er selbst kann angesichts des startenden Wintersemesters nicht weiter auf dem Schiff fahren. Vermutlich wird Professor Kubisch, Dekan der Villinger Außenstelle der FH, die Aufgabe übernehmen können. Falls keine Pannen auf dieser letzten bemannten Fahrt der RelationShip mehr auftreten und der Trimaran dann im Hafen von Lissabon liegt, wird ein rechtliches Problem seine volle Grösse für das RelationShip-Team entfaltet haben: Unbemannte Schiffsfahrten sind im gängigen internationalen Seerecht bislang nicht vorgesehen. Wird hier keine Lösung gefunden, kann der Trimaran nicht alleine über's Meer fahren.

Doch in der Fachhochschule ist man zuversichtlich. 'Egal aus welchen Ländern und Kontinenten die Menschen in den Hafen von La Coruna kamen, sie kannten alle das RelationShip-Projekt', berichtete Jürgen Wentworth-Paul nach seinem Arbeitseinsatz mit der mobilen Werft.

Es könnte sein, daß das starke internationale Interesse an dem ungewöhnlichen Schiffsprojekt eine schnelle Entscheidung in Sachen Seerecht (Ausnahmegenehmigung etc.) wahrscheinlicher macht. Stahlseile und weitere wird es indes jedoch auch nach einer solchen Entscheidung weiterhin geben.

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