RelationShip

Schwarzwälder Bote 12.10.1998
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RelationShip fährt auf seerechtlich noch ungeklärte Gewässer zu


Rechtsstatus macht Verantwortlichen Kopfzerbrechen - Rektor Zahradnik haftbar

Furtwangen (wt). Mit jeder Seemeile, die sich das Furtwanger RelationShip dem geplanten Ausgangshafen Lissabon für die geplante Weltumsegelung nähert, gerät ein Problem mehr in das Blickfeld, welches man bislang in der Hochschule 850 Meter über dem Meer als sehr gering erachtet hat: nun könnte es das Projekt womöglich ernsthaft gefährden.

Das internationale Seerecht bietet bislang keine rechtliche Grundlage für den Betrieb eines fern- und selbstgesteuerten Schiffes. Solange das Schiff im Horraybau zusammengebaut wurde, konzentrieren sich die ehrenamtlichen Kräfte vorwiegend auf diesen Bau und auf die spätere Organisation des Trasports. Die Suche nach geeigneten Sponsoren zur Finanzierung einzelner Projektstufen, die Routenplanung in Zusammenarbeit mit der Schifffahrtsschule Stettin, all das kostete die ganze Kraft und Aufmerksamkeit.

Die rechtliche Seite der Grundidee, einer selbst- und ferngesteuerten Weltumrundung durch ein Segelschiff, erschien angesichts der vielen Problemberge erst einmal als ein Problemchen am weiten Horizont. Nun ist aber das schwer Vorstellbare tatsächlich fast geschafft: Die Schwarzwälder Hochschule hat ein Hochsee-Segelschiff gebaut und via Großhubschrauber ausgeflogen, sie hat das Schiff mit Elektronik vollgestopft und den Trimaran tatsächlich zum Fahren gebracht - dies mit beachtlicher Geschwindigkeit.

'Überall, wo wir hinkommen, kennt man uns bereits', erzählt Ideengeber Professor Reiner Schmid unserer Zeitung - die RelationShip hat bereits Erfolg, auch wenn das Schiff bislang noch gar nicht unbemannt unterwegs ist.

Jetzt wird es jedoch ernst. Rechtlich muß der Rektor der Fachhochschule bei der Besegelung der Weltmeere durch die RelationShip seinen Kopf hinhalten, er wird letztlich als Verantwortlicher auch mit Privatvermögen bei Unfällen haftbar gemacht. 'Da sind sogar Freiheitsstrafen drin', so Werner Ruoss, Prorektor der FH und zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. 'Vielleicht waren wir etwas zu zuversichtlich bei diesem Problem.

Der erfahrene Hochseesegler Reiner Schmid, der 'The RelationShip' kürzlich selbst viele Seemeilen in Richtung Lissabon segelte, hält es für äußerst unwahrscheinlich, daß etwas passiert' - immerhin sei die Leitstelle mit Funkverbindung zum Schiff rund um die Uhr besetzt. Dennoch ist auch der FH-Professor für eine vorherige rechtliche Absicherung, bevor von Lissabon aus losgefahren wird.

___ Um diese bemüht sich die FH derzeit. Verwaltungsdirektor Helmut Köstermenke sprach kürzlich mit den Leitern des Bundesoberseeamtes in Hamburg und des Institutes für Seerecht an der Universität Hamburg. Dabei wurde deutlich, daß auf Sachbearbeiterebene das Problem nicht zu lösen ist. Nun will sich die FHF direkt an die Höchsten Stellen des Bundesverkehrsministeriums wenden. Wird dort eine Ausnahmegenehmigung für das Schiff ohne Besatzung erwirkt, so hat die FH ihrer Sorgfaltspflicht genüge getan.

Verschiedene Lösungen sind für das Projekt denkbar: die unbequemste für die FH sähe ein Begleitschiff vor, welches ständig in der Nähe des Trimarans bleibt. 'Das ist theoretisch so einfach', erklärt Professor Schmid, 'The RelationShip' ist sehr schnell, ihr zu folgen ist nicht immer einfach. Auch ist unklar, wie ein Begleitschiff bei einer Gefahrensituation überhaupt eingreifen kann.' Eine weitere Möglichkeit bestünde in einer erweiterten technischen Ausrüstung. Immerhin: Das Furtwanger Schiff hat bereits jetzt Radar an Bord. 'Generell müssen wir vor allem den rechtlichen Status des Trimarans klären', so Prorektor Ruoss.

Da gäbe es zum Beispiel die Möglichkeit, die RelationShip als 'schwimmenden Körper' zu deklarieren. Solche Körper brauchen nicht bemannt zu sein, müssen aber bei den routentangierenden Staaten vor der Durchfahrt angemeldet werden. Erst wenn die Staaten grünes Licht geben, oder sich innerhalb eines halben Jahres nicht melden, ist die Durchquerung der jeweiligen 200-Seemeilen-Wirtschaftszone gestattet. Auch ein solcher Weg wäre letztlich nicht praktikabel, die Antrags- bearbeitung wäre dabei vermutlich wesentlich langsamer als das Schiff selbst.

Vielleicht wird durch das Anliegen der FHF beim Bundesverkehrsministerium mehr als eine Sonderregelung herauskommen: 'Es gibt eine eindeutige Tendenz der Verkehrsmittel in Richtung Automation', so Professor Schmid, 'diese Tendenz findet man auch bei Wasserfahrzeugen'. The RelationShip wird ein technischer Vorreiter sein; vielleicht auch einer in Sachen rechtlicher Statursklärung derartiger Geiserschiffe.

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