Was hat Meßtechnik mit einem 'sprechenden Ohr' oder der ersten
unbemannten Weltumsegelung zu tun? 'Das eine wäre ohne das andere
nicht möglich, sagt Prof. Friedrich Ernst Wagner und blättert
in den Kurzfassungen der Vorträge zu diesem exotisch anmutenden
Themen, die heute und morgen von seinen Kollegen aus ganz Deutschland
an der Kieler Fachhochschule im Rahmen eines Symposiums abgehandelt
werden.
Dass bei diesem bundesweit ersten Treffen von Fachhochschul-Lehrern
der Meßtechnik-Disziplin nicht nur Zahlenkolonnen und Theorien
diskutiert werden, beweist ein Blick in die Themenliste des Symposiums.
So wird beispielsweise Prof. Robert Hönl von der FH Furtwangen
über ein satellitengesteuertes Schiff berichten, das zur Zeit
ohne Besatzung über die Weltmeere schippert.
An der Entwicklung dieses elf Meter langen und 9,5 Meter breiten
High-Tech-Trimarans (Segelboot mit einem Rumpf und zwei Auslegern)
beteiligten sich 160 Studierende sowie acht Professoren aller
Fachrichtungen und Mitarbeiter der baden-württembergischen
Hochschule. Navigiert wird das aus Kohlefasern, Fiberglas und
Zedernholz gefertigte Schiff von zwei rund um die Uhr besetzten
Rechenzentren in Furtwangen und Villingen-Schwenningen.
Zweck des durch Sponsorengelder finanzierten Projektes:
'Die Erforschung neuer Wege der automatisierten Steuerung und der
Fernsteuerung autonomer Systeme.' Zur Zeit liegt das mit Solarenergie
versorgte Schiff noch in Lissabon im Rahmen der Weltausstellung
Expo'98 vor Anker. Anschliessend wird es seine Reise über
Südafrika, Australien, Neuseeland, Brasilien, USA und Irland
fortsetzen, bevor es im Jahr 2000 zur 'Expo am Meer' in Wilhelmshaven
wieder zurückerwartet wird.
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Nicht einem Schiff sondern dem 'sprechenden Ohr' widmet sich der
Vortrag von Prof. Götz Buller von der FH in Wismar. Dabei geht
es um die Früherkennung möglicher Hörschäden
bei Kleinkindern. Dabei erzeugt ein winziges Gerät eine Reizung
des Innenohres, welches darauf mit einem 'Klickgeräusch' reagiert.
Damit der Arzt diese Schallwellen des 'sprechenden Ohres' für
seine Diagnose der möglichen Hörstörung noch genauer
erkennen kann, hat Prof. Buller eine spezielle Software entwickelt.
Diese basiert auf einer Simulation sogenannter 'Neuronaler Netze'.
Nicht mit 'sprechenden Ohren' aber dafür mit 'schallschluckenden
Fenstern' beschäftigt sich der an der Heilbronner FH lehreren
Prof. Walter Kästel in seinem Vortrag. Dabei erläutert der
Ingenieur ein Verfahren, bei dem in einem Raum Lärm erzeugt wird.
In einem durch ein Fenster getrennten Nachbarraum ist davon aber kaum
etwas zu hören. Denn ein Lautsprecher erzeugt dort Signale in
derselben Lärmfrequenz. Folge: Die aufeinandertreffenden
Schallwellen beider Räume heben sich gegenseitig auf, es herrscht
Ruhe. Möglich wurde die Methode durch einen digitalen
Signalprozessor, der den 'Antilärm' errechnet.
'Ein ähnliches Verfahren wird Mercedes-Benz wohl in absehbarer
Zukunft zur Lärmreduzierung in seinen Autos verwenden',
erläutert Prof. Wagner die mögliche praktische Umsetzung
lärmkompensierender Fenster. Nur eines ärgert den Kieler
Hochschullehrer für Meß- und Regeltechnik an der FH und
Initiator des Symposiums bei der Durchsicht der vortragsunterlagen:
'Auf die Idee mit der unbemannten Weltumsegelung hätten wir in
Kiel auch kommen können. Aber da sind ausgerechnet die Kollegen
aus dem Schwarzwald wohl zuvor gekommen. (küp)
Anmerkung der Web-Redation:
The RelationShip liegt in La Coruna, Spanien, nach
Reparatur des Ruderschadens vor Anker.
Start der unbemannten Weltumsegelung ist verschoben worden.
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