Auftrag: Weltumsegelung. Eigentlich sollte der schwimmende Roboter
auf einer zweijährigen Reise ohne fremde Hilfe unter Beweis stellen, daß er
seinen Weg durch die Weltmeere jederzeit und bei jedem Wetter selbst findet.
Doch nun macht das internationale Seerecht dem ehrgeizigen Projekt 'The RelationShip'
einen dicken Strich durch die Rechnung. Das Forschungsobjekt, ein Segelschiff mit drei
Rümpfen (sogenannter Trimaran, 11,3 Meter lang, 2,45 Tonnen Wasserverdrängung),
darf nur mit Besatzung oder einem Begleitschiff durch die Fluten pflügen.
'Regel 6 der Internationalen Seestraßenordnung schreibt uns das vor', ärgert sich
Professor Rolf Katzsch (64) von der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft im
baden-würrtembergischen Furtwangen. 'Manöver im letzten Augenblick, etwa um
einem Tankschiff auszuweichen, müssen möglich, und der Trimaran muß dazu
bemannt sein.' Trotz der Fürsprache des ehemaligen Außenministers Klaus Kinkel
darf die Abteilung Seeschifffahrt des Bundesverkehrsministeriums in Bonn den
Schwarzwäldern keine Sondererlaubnis erteilen. Jetzt könnte das Unternehmen
teuer werden oder sogar an Geldmangel scheitern. Offen sagen mag das noch niemand, aber
die Sorge ist unüberhörbar: 'Eine von zwei Millionen Mark, die wir von den
Sponsoren einwerben konnten, sind schon verbraucht.'
Dabei hat das RelationShip erst zwei der elf Stationen seiner Weltumsegelung geschafft,
und die auch nur mühsam und mit Besatzung. Treibgut hat auf der Fahrt nach Lissabon
das Ruder beschädigt. Das Schiff kam nie in Portugals Metropole an. Im nordwestspanischen
Hafen La Coruna mußte es repariert werden und wartet jetzt gleich nebenan im Fischerdorf
Bayona (hier soll Kolumbus nach seiner ersten Amerikafahrt gelandet sein) auf die
nächste Etappe.
Das 'Geisterschff' könnte Vorbote einer intelligenten und umweltfreundlichen Schiffahrt
der Zukunft sein, in der sich Frachter selbständig und energiesparend auf den Weg machen.
An Bord verarbeiten zwei Pentium-Computer ständig die Daten des satellitengestützten
Ortungssystems, des Windgeschwindigkeitsmeßers sowie des Radargerätes und berechnen
Position und günstigste Route.
Zwar werden die Informationen per Satellit auch an die Leitstelle in Furtwangen gesendet und
können zusammen mit dem aktuellen Bild des Bootes weltweit im Datennetz Internet
abgerufen werden. Doch Studenten und Profeßoren der Fachhochschule Furtwangen wollen
nur im Notfall per Fernsteuerung in die Navigation eingreifen. Etwa, um Kollisionen mit
anderen Schiffen zu verhindern. Oder mit Treibgut, das vom Radar nicht erfaßt wird.
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Der Interationalen Schiffahrtsbehörde in London genügt das nicht. Denn wenn die
schlimmste denkbare Möglichkeit eintritt, völliger Stromausfall, dümpelt
'The RelationShip' entweder manövrierunfähig herum oder fegt unkontrolliert über
die Wellen.
Denn das der Trimaran schnell sein kann, hat er auf seinem Weg nach La Coruna schon bewiesen.
Bei stürmischen Wind der Stärke 8 machte der Tri 25 Knoten Fahrt. Das sind
46 Kilometer pro Stunde, für einen Segler sehr schnell. Eine 15-Meter-Hochseeyacht
kann nicht mithalten, die erreicht im Normalfall gerade 12 Knoten (25 Kilometer pro Stunde).
Und ein Marine-Schnellboot wollten die Forscher auch nicht chartern.
Daher müssen sie für die nächste Etappe die Fahrt des schwimmenden Roboters drosseln.
'Das ist uns eigentlich egal', so Professor Katzsch, 'wir wollen ja keine Regatta gewinnen'. Bei
Gefahr soll nun vom Begleitboot aus, das höchstens zwei Seemeilen Abstand unterwegs ist, die
automatische Steuerung per Funk ausgeschaltet werden. Zwei erfahrene Hochseesegler setzen dann im
Schlauchboot über und 'nehmen das Ruder in die Hand'.
Spielt das Wetter mit, soll das RelationShip in zwei Wochen, begleitet von einer Segelyacht
(Charterkosten: 40 000 Mark) die nächste Etappe nach La Palma in Angriff nehmen. Dort muß es bis
Mai 1999 auf günstigste Winde warten, bevor es mit Ziel Australien das Kap der Guten Hoffnung
umsegeln kann.
Den ursprüglichen Zeitplan haben die Wissenschaftler ohnehin schon über den Haufen geworfen.
'Wir geben keine Termine mehr an', heißt es kurz. Rein rechnerisch kann der Trimaran die Welt in
knapp anderthalb Jahren umsegelt haben, dann soll er auf der Weltausstellung Expo 2000 in Hannover
ausgestellt werden.
Ob die Fahrt vielleicht doch schon in La Palma zu Ende geht, entscheiden letztlilch die Sponsoren.
Den dicksten Posten macht die Satellitenverbindung aus: 1,5 Millionen Mark für die gesamte
Weltumsegelung. Den bezahlt die Telekom-Tocher T-Mobil - bis zu den Kanaren. Zur Frage, ob er das
Experiment auch weiter unterstützen will, hält sich der Telefonriese bedeckt.
Ein Scheitern des Projekts wäre eigentlich sehr schade.
ComputerBILD wünscht 'immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel' und: 'Chip ahoi!'
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