RelationShip

Südwestpresse 15. Juni 1998: Seite: 1 / 1

Trimaran / High-Tech-Segler im Schwarzwald entwickelt

Auf Geisterfahrt auf See

Ferngesteuertes Boot auf Forschungsreise für die Expo 2000

Der deutsche High-Tech-Segler Trimaran ist am Samstag in Wilhelmshaven zur ersten Etappe seiner Weltumsegelung in See gestochen. Entwickelt wurde das Schiff an der Fachhochschule Furtwangen.

Wilhelmshaven. Nach einer Probefahrt zur Expo nach Lissabon soll das dreirümpfige Segelboot ab Mitte August als erstes Schiff unbemannt - über Satelliten gesteuert - die Weltmeere überqueren. Das zukunftsweisende Projekt verbinde in idealer Weise Mensch, Natur und Technik, sagte Thomas Borcholte, Marketing-Chef der "Expo 2000 am Meer" zu der Jungfernfahrt. Seine Organisation ist eine der Sponsoren der rund drei Millionen Mark teuren Forschungsfahrt, die sich weitgehend ohne öffentliche Gelder finanziert.

Das ausgerechnet in einem seefernen Hochschulstädtchen im Schwarzwald entwickelte Boot namens "RelationShip", das nach dem Willen seiner Erfinder Seefahrtgeschichte schreiben soll, ist nur elf Meter lang und neun Meter breit. Bei der Abfahrt quetschen sich zwar noch zwei der Konstrukteure auf einem der Rümpfe, um dem Forschungssegler die Kinderkrankheiten auszutreiben. Im August allerdings wird es ernst für den Trimaran, den Bundesaußenminister Klaus Kinkel bereits als ein "Stück deutscher Wagniskultur" gelobt hat.

"Es ist ein unglaublich komplexes System, mit dem wir uns aufs Meer wagen, ohne daß wir es vorher im

___ Labor hätten simulieren können", sagte Jürgen Kubisch, einer der Erfinder. Bei der unbemannten Weltumsegelung sollen nach Angaben der Hochschule drei leistungsfähige Computer im Hauptrumpf das Kommando übernehmen. Sie bestimmen den Kurs und die Stellung der Segel aus den Informationen über Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Seegang, die ihnen an Bord verteilte Sensoren liefern. Mit Hilfe von Hydraulikmotoren wird die Segelstellung korrigiert, das Ruder bedient der eigens konstruierte drehbare Glasfasermast in optimale Position gebracht.

Über eine Satellitenanlage bleibt das Boot mit seinem "Heimathafen" Furtwangen verbunden. Ein Satelliten-Navigations-System erlaubt es der Hochschul-Crew, die Position des Geisterbootes auf 50 Meter genau zu orten. Eine zweite Verbindung dient dem Ausguck: Sie überträgt die Bilder zweier Videokameras an Bord nicht nur auf die Bildschirme der Kommandozentralen, sondern auch ins Internet. Nach dem Ablegen in Lissabon soll die "RelationShip" in geschätzten 280 Segeltagen mehr als 29.000 Seemeilen zurücklegen. Vor den Küsten steht jeweils eine Crew bereit, die das Boot sicher durch die Zwölf-Meilen-Zone steuert. Auch für die letzen 730 Seemeilen von Irland nach Wilhelmshaven muß aus seerechtlichen Gründen wieder eine Besatzung an Bord sein. AP.

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