"Leinen
los" hieß es am Samstag für das erste
autonome Schiff der Welt. An der Fachhochschule
in Furtwangen wurde der Elf-Meter-Trimaran
"The RelationShip" entwickelt und
gebaut. Von Wilhelmshaven stach er nun,
vollgepackt mit Elektronik, zu seiner
Jungfernfahrt in See. Zwei Ingenieure sind auf
der ersten, rund 1450 Seemeilen langen Etappe bis
Lissabon an Bord, um die Steuerungssysteme und
die Satellitenkommunikation zur Leitstelle im
Schwarzwald zu überwachen, bevor der
High-Tech-Segler zu seiner Pionierfahrt
aufbricht. In 16 Monaten soll die RelationShip
ohne Mannschaft einmal rund um den Globus segeln. Zur Expo 2000 wird der Trimaran
zurückerwartet: Die Expo 2000 zählt zu den
großzügigsten Sponsoren des rund drei Millionen
Mark teuren Forschungsprojektes. In seiner
Verknüpfung von menschlicher Intelligenz und
Wagnisbereitschaft, technologischer
Spitzenleistung und Naturgewalt sei der Trimaran
aus Furtwangen ein "idealer Botschafter der
Weltausstellung", lobte Marketingchef Thomas
Borcholte.
Für den "Vater" der
RelationShip, Professor Reiner Schmid, ist es ein
stolzer Augenblick, als der Trimaran, begleitet
von den Klängen der Hochschulbigband und einer
leichten Brise, ablegt. Auf der Kaimauer drängen
sich Schaulustige und Kamerateams, Schmid läßt
es sich nicht nehmen, die Crew an Bord wenigstens
zu begleiten. "Er segelt sich
wunderbar", hat der leidenschaftliche
Hochseesegler schon bei einem Probeschlag im
Hafen festgestellt. Doch für den großen Törn
bleibt ihm momentan keine Zeit.
Vor gut 16 Monaten hat der
segelbegeisterte Professor mit seiner Idee von
der unbemannten
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Weltumsegelung
bei Kollegen in Furtwangen Ungläubigkeit und
irritiertes Staunen hervorgerufen. Doch die Idee
zündete. The RelationShip wurde zum offiziellen
Hochschulprojekt gekürt. Studenten, Mitarbeiter
und Professoren der Hochschule für Technik und
Wirtschaft - insgesamt fast 200 - machten sich an
die Arbeit. Der Hubschraubertransport über den
Schwarzwald zum Rhein erregte bundesweit
Aufsehen. Auf der "boot" stand der
Trimaran im Rampenlicht. Nun muß das Schiff
beweisen, daß es tatsächlich das Zeug zum
Geisterboot hat, daß das Computerhirn die
Signale von Sensoren und Videokameras an Bord zu
einer schlüssigen Arbeitsanweisung für den
Prozeßrechner verarbeitet, der seinerseits die
Kommandos zur Wende oder zum Reffen des Segels an
die zahlreichen Motoren weiterleitet. Es muß
beweisen, daß der Radarrechner fremde Objekte
rechtzeitig erkennt, um ein Notmanöver
einzuleiten. Daß die Verbindung zur Leitstelle
funktioniert, mit der das Boot notfalls
ferngesteuert werden kann. Vor allem aber, daß
bei der Automatisierung der unzähligen
Handgriffe, die ein Skipper an Bord verrichtet,
keiner vergessen wurde. Bis
die RelationShip wieder festmacht, so hoffen die
Schiffsbauer, werden rund 29 000 Seemeilen über
die Weltmeere hinter ihr liegen. Nur in den
sieben Häfen, die das Schiff anlaufen soll und
bei seiner letzten Etappe über die
verkehrsreiche Nordsee wird wieder eine Crew an
Bord sein. Tausende von segelbegeisterten
Internetsurfern dürfe der Anblick des schlanken
Dreirumpbootes in schäumender Gischt bis dahin
vertraut sein (http://relationship.fh-furtwangen.de). Bettina Schmitt-Hönl.
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