RelationShip

Jeversches Wochenblatt 12. Juni 1998: Seite: 1 / 1

"The RelationShip" startet morgen große Testfahrt

Mit zwei Mann Besatzung nimmt sie zunächst Kurs auf Lissabon, dort übernehmen zwei Computer das Ruder des High-Tech-Trimarans

Wilhelmshaven (sal). Fünfzig Stunden vor dem Start. Noch liegt der High-Tech-Trimaran "The RelationShip" in der großen Halle der Neuen Jadewerft. Einer von zwei Schaltkästen mit je einen Prozeßrechner muß noch eingebaut werden, vor allem die Kommunikation zwischen dem Trimaran und der Leitstelle an der Fachhochschule Furtwangen, die über Satellitensysteme erfolgt, ist noch auszutesten. Etwa fünfzehn Experten erledigten gestern unter Hochdruck die letzten Arbeiten. "Bis Sonnabend sollen die fundamentalen Funktionen wie Kommunikation, Segelsetzen und Rudersteuerung laufen", erklärte gestern Prof. Dr. Rainer Scheithauer, Prorektor der Fachhochschule Furtwangen / Schwarzwald.

Der Trimaran "The RelationShip" ist ein ehrgeiziges Forschungsprojekt der Furtwanger Fachhochschule: Der Segler soll nämlich unbemannt und ferngesteuert auf Langfahrt rund um den Globus gehen. Skipper sind zwei autarke Echtzeit-Computer (bei Ausfall kann einer den anderen ersetzen), die Besatzung sitzt quasi in der Leitstelle im fernen Furtwangen, von wo aus das elf Meter lange und neuneinhalb Meter breite Boot rund um die Uhr überwacht wird.

Seit Februar liegt der High-Tech-Segler auf der neuen Jadewerft, wo er für die lange Reise fit gemacht wurde. Viel Unterstützung erfuhren die Furtwanger dabei von der Fachhochschule Wilhelmshaven, die bei der Verdrahtung halfen und ihr Know-how bereitwillig zur Verfügung stellte.

Morgen mittag fällt am Bontekai um 13 Uhr der Startschuß für den ersten Teil des Furtwanger Experiments. Mit zwei Mann Besatzung wird "The RelationShip" Wilhelmshaven Richtung Lissabon verlassen, unterwegs allerdings noch verschiedene Häfen anlaufen. Die 3000 Seemeilen lange Strecke ist für die Furtwanger die große Generalprobe. "Hier auf dem Trockenen läßt sich ja längst nicht alles testen", meinte Prof. Dr. Scheitauer. Auf dem Törn wird es also im wesentlichen darum gehen, ob in komplexen Situationen wie Wind und Wellenschlag das Zusammenspiel der Software erwartungsgemäß klappt. "Für uns ist das Projekt eine große Herausforderung, an der wir natürlich selber noch lernen wollen", erklärte der Prorektor aus Furtwangen.

An der Entwicklung und Umsetzung des Forschungsprojekts "The RelationShip" waren an der Fachhochschule Furtwangen bisher rund 160

___ Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiter und Studenten beteiligt. Mitte August schicken sie ihren mit allermodernster Technik ausgerüsteten Trimaran von der Expo-Stadt Lissabon aus ohne Besatzung auf die Reise um die Welt. Und zwar nicht mit den Passatwinden Richtung Westen, sondern auf der schweren Südroute über Kapstadt, Australien, Südamerika. Die beiden Prozeßrechner stellen das Segel in den richtigen Winkel zum Wind, der übrigens nur seitlich einfallen darf, halten den Kurs und leiten notfalls Ausweichmanöver ein, wenn auf dem Radargerät ein fremdes Fahrzeug auftaucht. Installiert werden soll darüber hinaus noch eine Technik, die es dem Schiff möglich macht, die Größe von Wellen rechtzeitig zu erkennen, um sie richtig anzusteuern.

Bei mehr als sechs Windstärken fällt das 40 Quadratmeter große Großsegel, ebenfalls auf Befehl des Computers, und " The RelationShip" segelt nur noch mit dem Flügelmast. Er ist übrigens ein absolutes Novum, entwickelt von der Firma Speedwave am Bodensee. Er ist gut zwölf Meter hoch, aus Kohlefaser und um die Längsachse drehbar. Er hat noch einmal eine Segelfläche von fünf Quadratmetern. Zwei Dieselgeneratoren und ein mit Treibstoff gefüllter Tank sorgen dafür, daß der Elektronik an Bord nie der Strom ausgeht. Ein Motor befindet sich nicht an Bord. Das heißt, bei der Überführung nach Lissabon hat die Besatzung einen 40 PS-Außenborder dabei, sollte das Segeln einmal gar nicht möglich sein. Auf der Weltreise wird er ebenfalls benötigt, denn in die Häfen hinein bzw. hinaus steuert den Segler jeweils eine Besatzung.

Die Computer an Bord führen den Segler zwar alleine, die Leitstelle in Furtwangen kann aber eingreifen. Sie nimmt notfalls Kursänderungen vor, wenn schweres Wetter im Anmarsch ist, kann das Schiff stoppen. Segel herunter nehmen oder Programme außer Kraft setzen.

Das Forschungsprojekt "The RelationShip" hat ein Volumen von mehr als drei Millionen DM. Die Finanzierung haben Fördergelder und viele viele Sponsoren möglich gemacht.

Für die Stadt Wilhelmshaven ist "The RelationShip" bereits ein Vorhaben der "Expo am Meer". Wenn alles klappt, läuft der Trimaran zur Weltausstellung im Jahr 2000 wieder in der Jadestadt ein.

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