Wilhelmshaven
(sal). Fünfzig Stunden vor dem Start. Noch
liegt der High-Tech-Trimaran "The
RelationShip" in der großen Halle der Neuen
Jadewerft. Einer von zwei Schaltkästen mit je
einen Prozeßrechner muß noch eingebaut werden,
vor allem die Kommunikation zwischen dem Trimaran
und der Leitstelle an der Fachhochschule
Furtwangen, die über Satellitensysteme erfolgt,
ist noch auszutesten. Etwa fünfzehn Experten
erledigten gestern unter Hochdruck die letzten
Arbeiten. "Bis Sonnabend sollen die
fundamentalen Funktionen wie Kommunikation,
Segelsetzen und Rudersteuerung laufen",
erklärte gestern Prof. Dr. Rainer Scheithauer,
Prorektor der Fachhochschule Furtwangen /
Schwarzwald. Der Trimaran
"The RelationShip" ist ein ehrgeiziges
Forschungsprojekt der Furtwanger Fachhochschule:
Der Segler soll nämlich unbemannt und
ferngesteuert auf Langfahrt rund um den Globus
gehen. Skipper sind zwei autarke
Echtzeit-Computer (bei Ausfall kann einer den
anderen ersetzen), die Besatzung sitzt quasi in
der Leitstelle im fernen Furtwangen, von wo aus
das elf Meter lange und neuneinhalb Meter breite
Boot rund um die Uhr überwacht wird.
Seit Februar liegt der
High-Tech-Segler auf der neuen Jadewerft, wo er
für die lange Reise fit gemacht wurde. Viel
Unterstützung erfuhren die Furtwanger dabei von
der Fachhochschule Wilhelmshaven, die bei der
Verdrahtung halfen und ihr Know-how bereitwillig
zur Verfügung stellte.
Morgen mittag fällt am
Bontekai um 13 Uhr der Startschuß für den
ersten Teil des Furtwanger Experiments. Mit zwei
Mann Besatzung wird "The RelationShip"
Wilhelmshaven Richtung Lissabon verlassen,
unterwegs allerdings noch verschiedene Häfen
anlaufen. Die 3000 Seemeilen lange Strecke ist
für die Furtwanger die große Generalprobe.
"Hier auf dem Trockenen läßt sich ja
längst nicht alles testen", meinte Prof.
Dr. Scheitauer. Auf dem Törn wird es also im
wesentlichen darum gehen, ob in komplexen
Situationen wie Wind und Wellenschlag das
Zusammenspiel der Software erwartungsgemäß
klappt. "Für uns ist das Projekt eine
große Herausforderung, an der wir natürlich
selber noch lernen wollen", erklärte der
Prorektor aus Furtwangen.
An der Entwicklung und
Umsetzung des Forschungsprojekts "The
RelationShip" waren an der Fachhochschule
Furtwangen bisher rund 160
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Professoren,
wissenschaftliche Mitarbeiter und Studenten
beteiligt. Mitte August schicken sie ihren mit
allermodernster Technik ausgerüsteten Trimaran
von der Expo-Stadt Lissabon aus ohne Besatzung
auf die Reise um die Welt. Und zwar nicht mit den
Passatwinden Richtung Westen, sondern auf der
schweren Südroute über Kapstadt, Australien,
Südamerika. Die beiden Prozeßrechner stellen
das Segel in den richtigen Winkel zum Wind, der
übrigens nur seitlich einfallen darf, halten den
Kurs und leiten notfalls Ausweichmanöver ein,
wenn auf dem Radargerät ein fremdes Fahrzeug
auftaucht. Installiert werden soll darüber
hinaus noch eine Technik, die es dem Schiff
möglich macht, die Größe von Wellen
rechtzeitig zu erkennen, um sie richtig
anzusteuern. Bei mehr als
sechs Windstärken fällt das 40 Quadratmeter
große Großsegel, ebenfalls auf Befehl des
Computers, und " The RelationShip"
segelt nur noch mit dem Flügelmast. Er ist
übrigens ein absolutes Novum, entwickelt von der
Firma Speedwave am Bodensee. Er ist gut zwölf
Meter hoch, aus Kohlefaser und um die Längsachse
drehbar. Er hat noch einmal eine Segelfläche von
fünf Quadratmetern. Zwei Dieselgeneratoren und
ein mit Treibstoff gefüllter Tank sorgen dafür,
daß der Elektronik an Bord nie der Strom
ausgeht. Ein Motor befindet sich nicht an Bord.
Das heißt, bei der Überführung nach Lissabon
hat die Besatzung einen 40 PS-Außenborder dabei,
sollte das Segeln einmal gar nicht möglich sein.
Auf der Weltreise wird er ebenfalls benötigt,
denn in die Häfen hinein bzw. hinaus steuert den
Segler jeweils eine Besatzung.
Die Computer an Bord führen
den Segler zwar alleine, die Leitstelle in
Furtwangen kann aber eingreifen. Sie nimmt
notfalls Kursänderungen vor, wenn schweres
Wetter im Anmarsch ist, kann das Schiff stoppen.
Segel herunter nehmen oder Programme außer Kraft
setzen.
Das Forschungsprojekt "The
RelationShip" hat ein Volumen von mehr als
drei Millionen DM. Die Finanzierung haben
Fördergelder und viele viele Sponsoren möglich
gemacht.
Für die Stadt Wilhelmshaven
ist "The RelationShip" bereits ein
Vorhaben der "Expo am Meer". Wenn alles
klappt, läuft der Trimaran zur Weltausstellung
im Jahr 2000 wieder in der Jadestadt ein.
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