RelationShip

Frankfurter Rundschau 15. Juni 1998: Seite: 1 / 1

Auf Geisterfahrt über die Weltmeere

Ferngesteuerter Trimaran aus Furtwangen soll unbemannt die Welt umrunden

Der deutsch High-Tech-Segler "RelationShip" ist am Samstag in Wilhelmshaven zur ersten Etappe seiner Weltumsegelung in See gestochen. Nach einer Probefahrt zur Expo nach Lissabon soll der von der Fachhochschule Furtwangen entwickelte Trimaran ab Mitte August als erstes Schiff unbemannt - über Satelliten gesteuert - die Weltmeere überqueren.

Wilhelmshaven, 14. Juni (ap). Das Projekt verbindet in idealer Weise Mensch, Natur und Technik, sagte Thomas Borcholte, Marketing-Chef der "Expo 2000 am Meer" zu der Jungfernfahrt. Seine Organisation ist eine der Sponsoren der rund drei Millionen Mark teuren Forschungsfahrt, die sich weitgehend ohne öffentliche Gelder finanziert.

Der im seefernen Hochschulstädtchen im Schwarzwald entwickelte Trimaran, der nach dem Willen seiner Erfinder Seefahrtsgeschichte schreiben soll, ist elf Meter lang und neun Meter breit. Bei der Abfahrt quetschen sich zwar noch zwei der Konstrukteure auf einen der Rümpfe, um dem Forschungssegler die Kinderkrankheiten auszutreiben. Im August allerdings wird es ernst für das Boot, das Bundesaußenminister Klaus Kinkel als ein "Stück deutscher Wagniskultur" gelobt hat.

"Es ist ein unglaublich komplexes System, mit dem wir uns aufs Meer wagen, simulieren können", sagte Jürgen Kubisch, einer der Entwickler. Bei der unbemannten Weltumsegelung sollen nach Angaben der Hochschule drei leistungsfähige Computer im Hauptrumpf das Kommando übernehmen. Sie bestimmen den Kurs und die Stellung der Segel aus den Informationen über Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Seegang, die ihnen an Bord verteilte Sensoren liefern. Mit Hilfe von Hydraulikmotoren wird die Segelstellung korrigiert,

___ das Ruder bedient und der eigens konstruierte drehbare Glasfasermast in optimale Position gebracht.

Über eine Satellitenanlage bleibt das Boot mit seinem "Heimathafen" Furtwangen verbunden. Das Navigations-System erlaubt es der Hochschulcrew, die Position des Geisterbootes auf 50 Meter genau zu orten. Eine zweite Verbindung dient dem Ausguck: Sie überträgt die Bilder zweier Videokameras an Bord nicht nur auf die Bildschirme der Kommandozentralen, sondern auch ins Internet.

Nach dem Ablegen in Lissabon soll die "RelationShip" in geschätzten 280 Segeltagen mehr als 29 000 Seemeilen zurücklegen. Nach einem ersten Stop auf den Kanarischen Inseln folgen die Häfen von Kapstadt (Südafrika), Fremantle (Australien), Auckland (Neuseeland), Punta Arenas (Chile) und Rio de Janeiro (Brasilien). Sofern Stürme, Eisberge, Wale und andere Unbill den Trimaran unbeschadet lassen, soll er planmäßig im Sommer 1999 die Heimfahrt über den Atlantik nach Irland antreten.

Vor den Küsten wird jeweils eine Segelcrew das Boot sicher durch die Zwölf-Meilen-Zone steuern. Auch für die letzten 730 Seemeilen von Irland nach Wilhelmshaven muß aus seerechtlichen Gründen wieder eine Besatzung an Bord sein.

Obwohl sich die Hochschulkapitäne aus Furtwangen nur den kleinsten Teil der Reise die Gischt ins Gesicht wehen lassen, steht ihnen dennoch ein stürmisches Jahr bevor. Immerhin kann bei dem prestigeträchtigen Projekt einiges schiefgehen. Mitinitiator Reiner Schmid zeigte sich allerdings gelassen: "Wer die Unwägbarkeiten des Projekts zählt, der hätte gar nicht erst beginnen dürfen".

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