Fachhochschule
für Technik und Wirtschaft leistet mit
"RelationShip" Pionierarbeit. Er ist das Werk von
"Überzeugungstätern", die mit ihm auf
hoher See quasi Neuland erkunden wollen: der
Trimaran "RelationShip". Das Boot mit
den drei Rümpfen hat zwar keine Besatzung,
dafür aber als spezielles
"Forschungsschiff" eine einmalige
Karriere vor sich. So denn Finanzierungslücke,
Naturgewalten oder andere Unwägbarkeiten das
ehrgeizigen Unterfangen nicht noch torpedieren.
Bundesweite Medienpräsenz und damit die
erwünschte Publicity haben die cleveren Macher
von der Fachhochschule Furtwangen - unbestreitbar
im Binnenland gelegen - ihrem spektakulären
Projekt und ihrer Institution allemal schon
gesichert: Neben gut 500 Menschen in Feierlaune
verfolgten am 7.Januar etliche Fernsehkameras und
ungezählte Fotografen den Transport des Bootes
per Bundeswehrhubschrauber von Furtwangen nach
Breisach am Rhein. Dort wurde das Segelschiff
erstmals zu Wasser gelassen.
Der Trimaran in Zahlen: 11,3
Meter lang, 9,5 Meter breit, rund 2,5 Tonnen
schwer;
In Leichtbauweise gebaut mit
Zedernholz, Glas- und Kohlefaser, Epoxydharz;
drehbarer Flügelmast 13 Meter hoch, 53
Quadratmeter Segelfläche, Höchstgeschwindigkeit
40 Stundenkilometer.
Doch der Reihe nach: den Stein
ins Rollen gebracht hat Reiner Schmidt,
Elektronikprofessor an der Fachhochschule ( FH)
Furtwangen und passionierter Segler. Werbung
wollte er machen für die abgelegene
"Hochschule für Technik und
Wirtschaft", die sich wie andere auch mit
rückläufigen Studentenzahlen konfrontiert sah.
Er brütete den Plan einer unbemannten,
computergesteuerten Weltumsegelung, die zudem
Scharen von Surfern im Internet begleiten
könnten. Kein -Seemannsgarn - die phantastisch
klingende Idee nahm rasch Gestalt an und zwar
nach dem Motto "klotzen statt
kleckern".
Im vergangenen Februar bildete
sich eine Projektgruppe, in der alle acht
Fachbereiche der FH vertreten waren und mit
Aufgaben eingedeckt wurden: Maschinenbau,
Elektronik, Communication Engineering,
Technische, Wirtschafts- und Medieninformatik,
internationale Betriebswirtschaftslehre (BWL) und
Recht.
In der Werkstatt wurde ein
Modell erstellt im Maßstab 1:10. Als
Konstrukteur des Trimarans konnte der Amerikaner
Dick Newick gewonnen werden, der als Kapazität
gilt. Besonders stolz sind die Beteiligten
verständlicherweise, daß sie ihr Boot in ihren
Zentralwerkstätten wie Schreinerei und Mechanik
ganz allein gebaut haben. Drei bis vier
Mitarbeiter werkelten von April bis Dezember
durchgehend, unterstützt von bis zu 160
Studenten, die unzählige Arbeitsstunden
ableisteten. Und Aufgaben in Marketing und
Organisation wurden in reguläre
Lehrveranstaltungen integriert, was deren
Praxisbezug nur guttun konnte.
Doch natürlich konnte die
Furtwanger FH auch unter Bündelung aller Kräfte
dieses komplexe Projekt nicht allein bewältigen.
Vielmehr wurde eine internationale Kooperation
angestrebt und auch realisiert. So suchte
beispielsweise die Schiffahrtsschule im
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polnischen
Stettin die günstigste Route auf den Weltmeeren
aus. Gegenwärtig sind außer den USA und Polen
noch "Aktivisten" aus Rumänien,
Australien, Neuseeland und Brasilien einbezogen.
Daß es sich um ein "globales Projekt"
handeln soll, klingt auch im Bootsnamen an:
"RelationShip" ist das Ergebnis eines -
natürlich "hausinteren" -
Marketing-Workshops und verweist auf
(internationale) Beziehungen, wie die Initiatoren
ihrerseits gern auf den völkerverbindenden
Aspekt ihres Vorhabens verweisen. Der Name wird
übrigens geschützt und auf Produkten wie
T-Shirts und CD.ROMs vermarktet. Dieses
Merchantdising soll natürlich Geld bringen denn
beim Stapellauf auf dem Rhein war der weltweite
Segeltörn finanziell noch nicht gesichert. "Aber es sieht ganz gut aus",
versichert Professor Rolf Katzsch, als
Wirtschaftsinformatiker zuständig für
Koordination und Öffentlichkeitsarbeit. Rund
drei Millionen Mark Kosten sind alles in allem
veranschlagt und die sollen praktisch
ausschließlich von Sponsoren gedeckt werden.
Öffentliche Mittel gibts keine,
"abgesehen von den Mitarbeiterstunden"
der FH-Beschäftigten. Die 28 000 Mark
"Startkapital" von der
Fördergesellschaft der FH würden gerade mal die
Satellitenkosten für einen Monat auf See decken.
"Das Materialsponsoring läuft gut",
verrät Katzsch, wogegen das "Financial
Sponsoring" noch ein Problem sei.
Gesichert ist vorerst die
Testfahrt mit Crew nach Lissabon zur
Weltausstellung "EXPO" im April/Mai.
Von dort aus soll der Trimaran an 1.Juni, nur mit
drei Computern und zwei auf Schwenk- und
Neigeköpfen montierte Videokameras ausgestattet,
auf große Fahrt gehen. Die anvisierten
Etappenziele heißen Kanarische Inseln, Kapstadt,
Freemantle/Australien, Oakland/Neuseeland, Chile,
Rio de Janeiro, New York und Shannon/Irland, wo
der weltweit erste Trip dieser Art nach 15 bis 16
Monaten enden soll. Dort soll im September 1999
eine Besatzung an Bord gehen und die
"RelationShip" nach Wilhelmshaven
segeln. Für Mai 2000 ist die Präsentation auf
der "EXPO" in Hannover vorgesehen.
Als "technologische
Spitzenleistung" rühmte der beim Abflug
abwesende Ministerpräsident Erwin Teufel das
Trimaran-Projekt, für das er auch die
Schirmherrschaft übernommen hatte.
Die Fernsteuerung des
High-Tech-Boots wird von zwei Leitstellen in
Furtwangen und Schwenningen erfolgen, die rund um
die Uhr besetzt sind, auch von Studenten. Der
Datenverkehr läuft über Funkstrecken, die
Steuerung wird über die Satelliten ausgelöst.
Eine weitere Kontrollmöglichkeit bietet das
Internet (http://www.fh-furtwangen.de) als "permanenter Ausguck",
so Katzsch. Befragt nach dem größten Aufwand
für das Projekt, brauchte er nicht lange zu
überlegen: "die Nerven". Ohne die
gehts eben nicht, wenn man die
Herausforderungen annimmt, die visionäre Ziele
so mit sich bringen. Nicht umsonst heißt das
sinn- und identitätsstiftende Motto der FH-Crew
und derer in ihrem Kielwasser neuerdings
(natürlich in der Technik- und
Wirtschaftssprache) "be part of the
challenge". Denn man tow!
Annemarie Zwick
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