RelationShip

Südkurier 28. Feb. 1998: Seite: 1 / 1

Ohne Manschaft um die Welt

Das erste autonome Schiff der Welt soll ab Mitte April auf drei Rümpfen über die Ozeane segeln. An der Fachhochschule Furtwangen wurde vor gut einem Jahr die Idee geboren, ein unbemanntes Schiff auf die Reise um den Globus zu schicken. Ein Trimaran sollte es sein, ein schlankes, schnelles und doch kentersicheres Schiff, das geeignet ist, auch den schwierigen Wetterlagen südlicher Breiten zu trotzen. Moderne Rechner geben die Kommandos zur Wende oder zum Reffen der Segel, wenn auf dem Ozean schweres Wetter droht, denn kein Mensch ist an Bord. Trotzdem bleibt das Boot mit Hilfe des weltweiten Inmarsat-Satellitennetzes wie über eine Nabelschnur mit seinem Heimathafen Furtwangen verbunden. In der Kommandozentrale mitten im Schwarzwald wird nach dem Start Tag un Nacht der Kurs des Schiffes überwacht. Ein Satelliten-Navigations-System (GPS, Global Positioning System) erlaubt es den Hochschulkapitänen, seine Position auf 50 Meter genau zu orten. Informationen über Windgeschwindigkeit, Windstärke und Seegang liefern die Sensoren an Bord direkt auf die Bildschirme. Eine zweite Inmarsatverbindung im Ausguck überträgt die Bilder zweier Video-Kameras an Bord nicht nur auf die Monitore der Kommandozentrale, sondern auch ins weltweite Internet. Virtuelle Skipper in aller Welt können so bei dem abenteuerlichen Törn life dabei sein.

Der Hochschullehrer und Hochseesegler Professor Reiner Schmid war der Ideengeber für den virtuellen Trip um die Welt. Mehr als 200 fleißige Hände ließen seine Vision in monatelanger Arbeit Gestalt annehmen. Aus geleimten Zedernholzlatten bauten sie nach Plänen des Amerikaners Dick Newick die drei Rümpfe des 11,30 Meter langen und 9,20 breiten Trimarans, laminierten sie von innen und außen mit Glas-Kohle-Faser und Epoxid-Harz. Studenten, Professoren und Mitarbeiter der Fachhochschule hantierten nicht nur mit Säge und Schleifpapier. Sie grübelten über der Architektur der Satelliten-Kommunikation, feilten an der Hydraulik für Schwert, Ruder und Segel, wappneten die Photovoltaik-Anlage, die das Schiff mit Energie versorgen soll, gegen die Rauhen Bedingungen auf hoher See. Ein kritischer Faktor war von Anfang an das Geld. Mit einem Sartkapital von 18 000 Mark aus der Kasse eines Freundeskreises gingen die Schiffsbauer im Juni vergangenen Jahres an das Drei-Millionen-Projekt. Eine große Zahl von Sponsoren, die ehrenamtliche Arbeit vieler und ein gehöriges Quantim an Begeisterung rettete das Projekt über die Bauphase.

Im Januar wurde das Schiff in Furtwangen auf den Namen "The RelationShip" getauft, bevor ein Lastenhubschrauber der Bundeswehr die drei Tonnen schwere Fracht über die Schwarzwaldgipfel hinweg ans Breisacher Rheinufer transportierte. Von hier aus ging es - von Menschenhand gesteuert - rheinabwärts richtung Düsseldorf. Dort zog das

___ Schiff auf der "boot" die Aufmerksamkeit der Fachwelt auf sich. Auf der Jadewerft in Wilhelmshaven ging es danach an den Endausbau, der zur Zeit noch läuft.

Ausgerüstet mit Rechnern im Wert von rund einer Viertel Million Mark, die ein Computer-Hersteller der Fachhochschule gestiftet hat, mit eigens entwickeltem, dreh- und schwenkbarem Kohlefaser-Mast und einem 38 Quadratmeter-Hauptsegel sticht die RelationShip vermutlich Mitte April (so Professor Schmid) in See in Richtung Lissabonn. Auf dem Weg dorthin soll sie, zunächst noch mit Besatzung, ihre Hochseetauglichkeit beweisen. Nach der EXPO in der portugiesischen Hauptstadt fällt im Juni der Startschuss für den Törn um die Welt.

Eine Versorgungscrew segelt das Schiff "von Hand" aus der Zwölfmeilenzone und gibt das Kommando dann an die Besatzung der Leitstelle im Schwarzwald weiter, die es rund um die Uhr kontrolliert und zum nächsten Zielhafen dirigiert.Ziel der ersten unbemannten Etappe ist die Atlantikinsel Madeira. Weiter führt die insgesamt 29 000 Seemeilen lange Reise in Richtung Süden, westlich von Afrika über das Kap der guten Hoffnung ostwärts nach Australien und Neuseeland, durch den Pazifik zur Südspitze Amerikas ( im Gebiet der Magellanstraße mit Besatzung). Von da aus geht die Fahrt entlang der Südamerikanischen Ostküste und durch die Karibik und den Atlantik nach New York und von da aus zurück nach Irland. Hier soll wieder eine Besatzung das Schiff übernehmen und nach Wilhelmshaven zurück bringen, wo es im August / September 1999 eintreffen soll.

Professor Rolf Katzsch und seinem Kollegen Reiner Schmid geht es darum, neue Wege der automatischen Steuerung und die Fernsteuerung autonomer Systeme zu erforschen. Ebenso wichtig wie die technische Innovation ist es den Vätern der RelationShip, alle Fachbereiche ihrer Hochschule in ein gemeisames Projekt zu integrieren.

Seereise im Internet

Jeder, der über einen Anschluß verfügt, kann die Reise des Trimarans RelationShip per Internet verfolgen. Die Adresse lautet

http://www.relationship.fh-furtwangen.de . Hier gibt es zahlreiche Informationen über die Ziele des Projekts, Technik und Bootsbau, Wetterkunde, den Zeitplan. Links führen zahlreiche Web-Seiten zum Thema Seefahrt. Nicht zu vergessen: Eine Karte gibt nach dem Start stets die aktuelle Position der RelationShip an, und per Videokamera im Ausguck des Trimarans werden über Satellit laufend Bilder von der Fahrt ins Internet gespeist.

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