RelationShip

Südkurier 19.12.97: Seite: 1/1

Bald kann die Abenteuerreise beginnen

Furtwanger Trimaran wird elektronisch um die Welt gesteuert - Kommandozentrale im Schwarzwald

Ein großes Bierzelt auf dem Parkplatz der Furtwanger Fachhochschule trotzt seit gut einer Woche dem naßkalten Dezemberwetter im Schwarzwald. Im Innern herrscht Hochbetrieb: Hier, gut 800 Meter über dem Meer, wird ein Schiff gebaut. Es soll als erstes Schiff demnächst unbemannt die Welt umsegeln. Studenten, Professoren und technische Angestellte in staubigen Arbeitsoveralls legen letzte Hand an den Trimaran, der in den vergangenen fünf Monaten in ungezählten Arbeitsstunden Gestalt angenommen hat.

Die drei Rümpfe aus Zedernholz müssen auf der Innen- und auf der Außenseite mit Glas-Kohlefaser-Matten beschichtet werden, um das Boot seetauglich zu machen. Die alte Fabrikationshalle im zweiten Stock des Hochschulgebäudes, die den Schiffsbauern monatelang als Werft diente, ist für das elf Meter lange und neun Meter breite Schiff zu eng geworden.

Bevor der Hauptrumpf mit seinen beiden kleineren Seitenrümpfen vereinigt werden konnte, mußte die "RelationShip" die Halle verlassen und mit Hilfe eines Baukrans acht Meter in die Tiefe transportiert werden.

An Bord werden modernste Rechner das Kommando übernehmen, mit Solarstrom gespeiste Elektromotoren reffen die Segel. Über Satellit gehen Videobilder an die Zentrale im Schwarzwald, von wo das autonome Schiff rund um die Uhr beobachtet wird und notfalls ferngesteuert werden kann.

Segelfans in aller Welt können über Internet mit dabeisein. Vor fast einem Jahr wurde die Idee geboren. Anfangs als Spinnerei abgetan, wird das Projekt RelationShip heute schon als Geburtsstunde der unbemannten Seefahrt gefeiert. Professor Reiner Schmid, der Initiator des Projekts, für das Ministerpräsident Erwin Teufel die Schirmherrschaft übernommen hat, läßt sich von derlei Vorschußlorbeeren kaum beeindrucken.

___ Ihn und seine vielen Mitstreiter an der Fachhochschule beschäftigen ganz praktische Fragen, die gelöst werden müssen, lange bevor das Schiff im Juni nächsten Jahres von Lissabon aus auf die große Reise geht. Die Zeit drängt, denn am 7. Januar soll der Trimaran mit einem Bundeswehr-Hubschrauber zum Rhein geflogen und dort zu Wasser gelassen werden. Von dort geht's nach Düsseldorf, wo das Schiff auf der "boot" ausgestellt wird.

Trotz großzügiger Unterstützung von seiten eines Computerherstellers, verschiedenster Sponsoren und auch der Bundeswehr, die nur einen Teil der tatsächlichen Transportkosten in Rechnung stellt, steht die Finanzierung des Projekts bisher auf unsicheren Füßen, denn öffentliche Gelder fließen nicht. Immerhin, so zeigt sich Professor Schmied zufrieden, ist der Bau des Schiffes und auch die technische Ausstattung weitgehend finanziert. Für die Reisekosten hoffen er und seine Kollegen auf weitere Sponsoren. Neben den Kosten für die Kommunikation über das Inmarsat-Satellitensystem sind es vor allem Reisekosten für die Crews, die das Schiff jeweils durch die Zwölfmeilenzone vor den Küsten zu den Häfen segeln werden. Erst nach Verlassen der Küstenregionen werden sie das Kommando dann wieder an die Leitstelle der Hochschule im Schwarzwald übergeben. Die seerechtlichen Probleme, die den Planern lange Kopfzerbrechen gemacht haben, scheinen mittlerweile gelöst. Da ein unbemanntes Schiff in der Seefahrt gemeinhin als Treibgut gilt, soll der Trimaran durch besondere Kennzeichnung als Forschungsschiff ausgewiesen werden. Er genießt dann Vorfahrt vor fast allen anderen Wasserfahrzeugen. Der Ausguck, den auch ein Forschungsschiff haben muß, wird rund um die Uhr zugesichert. Wenn auch zeitweise vom anderen Ende der Welt.

Bettina Schmitt-Hönl

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