RelationShip

Berliner Zeitung 05.11.97 Seite: 1/3

Ferngesteuert über die Weltmeere 
Ein Ingenieurteam aus dem Schwarzwald will einen unbemannten Trimaran rund um die Erde schicken

 

VON FRANK GROTELÜSCHEN

Mittlerweile zählen sie zu den Stammgästen auf den Weltmeeren: Einhandsegler, die im Alleingang den Globus umschippern. Ein noch größeres Abenteuer hat eine Gruppe von Ingenieuren aus dem Schwarzwald im Sinn. Die Tüftler basteln an einem Trimaran, einem Boot mit drei Rümpfen, das im kommenden Jahr ganz und gar unbemannt die Welt umsegeln soll.

Die Crew des auf „RelationShip" getauften Rennbootes: Drei Bordrechner, die mit der Steuerzentrale an der Fachhochschule Furtwangen im Schwarzwald über einen Kommunikationssatelliten in ständiger Verbindung stehen. Die Beobachter: drei Videokameras auf Schwenk- und Neigeköpfen, eine von ihnen in der Position des fehlenden Steuermanns.

„Wir dachten über ein Projekt nach, an dem möglichst viele Fachbereiche, darunter  Automatisierungstechnik, Elektronik, Informationssysteme und Wirtschaftsinformatik beteiligt werden könnten", berichtet Projektleiter J. Anton Illik, Professor für Software-Engineering und Programmiersprachen an der Furtwanger Fachhochschule. „Einer unserer Kollegen hat vor einigen Jahren schon mal einen konventionellen Trimaran gebaut - da kam plötzlich die Idee, es erstmals in der Geschichte des Segelsports mit einer unbemannten Variante zu versuchen."

Ein Trimaran ist eine extrem kentersichere Bootsform, denn der schlanke Mittelrumpf ist von zwei festen Auslegern flankiert. Das Exemplar

___ aus Furtwangen wird neun Meter breit sein, bei einer Länge von zwölf Metern. Hydraulische Systeme sollen entweder ferngesteuert oder auf Anweisung des Bordcomputers die Segel setzen und wieder raffen. Für die Navigation sorgt das globale Satellitensystem GPS. Auf hoher See kann es mit einer Genauigkeit von zehn bis 20 Metern die jeweilige Position des Dreirümpflers orten. „Es handelt sich weitgehend um Standardsysteme aus der Schiffs- und Bootstechnik, die von unseren Studenten modifiziert werden", erläutert Illik.

Hurrikans umschiffen

Mit „an Bord" sind auch Experten einer nautischen Fachhochschule in Stettin sowie ein Wetterspezialist aus dem US-Bundesstaat Colorado. Sie helfen bei der Berechnung der jeweilige Route. „Wir können natürlich auch spontan eingreifen, um zum Beispiel einen Hurrikan zu umschiffen", so Illik. Die „Brücke" in der Fachhochschule Furtwangen soll rund um die Uhr besetzt sein. Von einem Zusammenstoß mit anderen Schiffen gehen die virtuellen Kapitäne nicht aus - sie wollen abgelegene, wenig befahrene Routen einschlagen.

Der Zeitplan steht schon fest: Im Dezember soll ein Helikopter die Segeljacht ins Schlepptau nehmen, um sie über die Anhöhe des Schwarzwalds schweben zu lassen und am Rhein ihrem Bestimmungselement zu übergeben. Flußabwärts geht es dann weiter nach Düsseldorf -

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